Individuelle Gesundheitsleistungen sind häufig Anlass zur Beschwerde

Berlin. Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), die Mediziner in ihren Arztpraxen verkaufen, werden für Patienten zunehmend zum Ärgernis. „Leider beschweren sich immer mehr Patienten darüber, dass ihnen in der Arztpraxis IGeL-Leistungen manchmal auch mit aggressiven Methoden angeboten werden“, sagte die Chefin der Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner. „Dadurch verlieren die Patienten das Vertrauen in ihren Arzt, der plötzlich als Verkäufer gegenüber seinen Patienten auftritt.“

Der vdek beruft sich auf Auswertungen seines „Arztlotsen“ im Internet. Knapp 220.000 Mediziner-Bewertungen sind seit August 2011 eingegangen, davon wurde in rund 160.000 Fällen die Möglichkeit genutzt, individuelle persönliche Bemerkungen abzugeben. Fast zehn Prozent dieser Kommentare befassten sich mit dem Thema IGeL – davon viele äußerst kritisch. „An sich kompetent und fachlich gut“, zitiert die vdek aus den Kommentaren. „Leider wurden mir wiederholt Igelleistungen aufgedrängt“. „Ständiges Anbieten von IGel-Leistungen“ heißt es in einem anderen Kommentar, oder: „Als störend fand ich das massive Igeln.“

Die Selbstzahlerleistungen stehen in der Kritik. Krankenkassen und Verbraucherschützer warnen vor „Abzocke beim Arzt“. Auch die Ärzteschaft selbst ist beunruhigt. Beim vergangenen Ärztetag sagte Ärztekammerpräsident Frank-Ulrich Montgomery: „Ärzte sind keine Kaufleute.“

Über 350 Zusatzleistungen soll es geben. Die Einnahmen der Ärzte aus IGeL werden auf 1,5 Milliarden Euro im Jahr geschätzt. Die Palette reicht von der Glaukomfrüherkennungsuntersuchung des Auges über Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung und Thrombose-Checks. Die medizinische Notwendigkeit der Extraleistungen ist nicht nachgewiesen, daher fehlen sie im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. „Wir brauchen keine IGeL-Leistungen“, sagte vdek-Chefin Elsner. „Alles, was medizinisch notwendig ist, wird auch von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.“ Häufig könnten die Leistungen den Patienten sogar Schaden zufügen. Nach einer Studie des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen sind von 30 untersuchten Selbstzahlerleistungen zwölf schädlich, weitere elf in ihre Wirkung unklar.