Im Innenministerium soll es mehr um Gesinnung als um fachliche Qualifikation gehen

Berlin. Nach parlamentarischen Anfragen von SPD und Grünen im Bundestag wegen angeblicher Parteibuchwirtschaft im Bundesinnenministerium (BMI) bei der Auswahl von Juristen zieht die Angelegenheit nun weitere Kreise. Wie die Wochenzeitung „Die Zeit“ in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, sollen nicht nur Parteimitglieder von CDU und CSU, sondern darüber hinaus dezidiert christliche Bewerber vorgezogen worden sein – entgegen der nach Fachqualifikation erstellten Bewerberrangliste. „Das Bundesinnenministerium bevorzugt christliche Bewerber. Dahinter steckt der Versuch eines Kulturwandels“, titelt das Blatt. Im Zentrum der umstrittenen Vorgänge steht Johannes Paul Fietz (CDU), Leiter der unter anderem für Personalgewinnung zuständigen Zentralabteilung im Hause von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Die „Welt“ hatte nach Einsicht in das ursprünglich im Auftrag des BMI vom Bundesverwaltungsamt unter 470 Bewerbern vorgenommene Ranking zur Besetzung von 24 Juristenstellen eine nachträgliche Bevorzugung von CDU-Mitgliedern, Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie von Bewerbern mit organisatorischer Anbindung an katholisch-konservative Organisationen festgestellt. Eine Fietz-Mitarbeiterin hatte die Bewerberlisten in Heimarbeit auf weltanschaulich genehme Kandidaten hin durchforstet und umsortiert. Mangelnde Fremdsprachenkenntnisse der auf diesem Wege vorrangig behandelten Bewerber sollen vertuscht und die Gewichtung der Einstellungskriterien, die vom BMI selbst per Erlass aufgestellt wurden, geändert worden sein. Außerdem sollen behinderte Bewerber erheblich benachteiligt und bei Bewerbungsgesprächen manipulativen Fragestellungen ausgesetzt worden sein. Das BMI bestritt alle diese Vorwürfe jedoch entschieden.

BMI-Zentralabteilungsleiter Fietz steht im Zentrum der Kritik. „Schon seit geraumer Zeit baue Fietz ein konservativ-katholisches Juristennetzwerk im BMI auf und dränge Andersdenkende an den Rand“, zitiert „Die Zeit“ Mitarbeiter des Innenministeriums. „Besonders daran sei, dass dieses Netzwerk ‚von unten‘ geknüpft werde, vor allem den Führungsnachwuchs einbinde und sich somit von den – auch in anderen Ministerien üblichen – Parteibuch-Besetzungen ‚von oben‘ unterscheide“, heißt es weiter. „Hier wird der Apparat von innen grundsätzlich verändert.“

Hintergrund sei die weltanschauliche Orientierung von Zentralabteilungsleiter Fietz, dem „heimlichen starken Mann im Ministerium“, wie sich BMI-Mitarbeiter zitieren lassen. Als Mitherausgeber des Anti-Abtreibungsbuchs „Auf Leben und Tod“ sowie Autor der von zwei Dominikanern herausgegebenen Zeitschrift „Die neue Ordnung“ hänge Fietz einer Denkrichtung an, die vor „Selbstsäkularisierung der Kirche“ warne und nicht im islamischen Fundamentalismus, sondern im Islam allgemein eine Gefahr sehe – und dieser weltanschaulichen Orientierung personalpolitisch im Ministerium mit dubiosen Mitteln Geltung verschaffe. „Eine neue Ordnung, so scheint es, hat sich Fietz nun auch im Innenministerium geschaffen“, heißt es im Resümee.