Hamburg spielt als bedeutende Hafen- und Industriestadt schon seit der Gründung der Partei eine wichtige Rolle für die SPD

Hamburg . Die Anfänge der sozialdemokratischen Bewegung mögen im Nebel der Geschichte verborgen sein. Ein exaktes Datum für die Geburtsstunde der Arbeiterpartei an der Elbe fehlt jedenfalls. Aber als der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) unter Führung von Ferdinand Lassalle heute vor 150 Jahren, am 23. Mai 1863, in Leipzig gegründet wurde, waren Hamburger in vorderer Reihe beteiligt: der Holzarbeiter Theodor Yorck, der Schlosser Jakob Audorf, Verfasser der „Arbeiter-Marseillaise“, und der Lyriker und Buchhändler August Geib.

Immerhin das ist gesichert: Am 6. Juni 1863 berichteten Yorck und Audorf einer Arbeiterversammlung in Hamburg von der ADAV-Gründung in Leipzig. Man beschloss, eine „Gemeinde“ dieses Vereins auch in Hamburg zu gründen. Doch wo genau und wann dieses historische Ereignis stattgefunden hat, wissen die Annalen nicht. Dass die Stadt und die Arbeiterbewegung von Beginn an eng miteinander verbunden waren, steht außer Frage. Ferdinand Lassalle hatte bereits im März 1863 sein „Arbeiterprogramm“ in Hamburg verkündet. Und als der ADAV 1875 mit der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SAP) von August Bebel und Wilhelm Liebknecht fusionierte, wurde Hamburg Sitz der Parteizentrale. August Geib, der im Haus Rödingsmarkt 12 wohnte, wurde der erste Kassierer der Partei – damals das mächtigste Amt. Auf dem Parteitag stellte Hamburg mit den damals preußischen Städten Altona, Wandsbek und Harburg/Wilhelmsburg mit rund 4000 Mitgliedern 17 Prozent der Gesamtmitgliedschaft.

Entscheidend für die schnell wachsende Bedeutung der SAP, 1890 umbenannt in SPD, und der Gewerkschaften war die industrielle Prägung des Großraums Hamburg mit den Werften und der Hafen mit dem Überseehandel insgesamt. Schon 1890, nach Aufhebung der Sozialistengesetze, konnten die Sozialdemokraten die drei Hamburger Reichstags-Wahlkreise sowie den Wahlkreis Altona-Wandsbek-Stormarn gewinnen. Von August Bebel, der Hamburg von 1890 bis zu seinem Tod 1913 im Reichstag vertrat, stammt der Satz: „Ist Berlin die Hauptstadt des Deutschen Reiches, so ist Hamburg die Hauptstadt des deutschen Sozialismus.“

Wegen der Koppelung des Wahlrechts an das Bürgerrecht und die Einkommenshöhe zog jedoch erst 1901 mit Otto Stolten der erste Sozialdemokrat in die Bürgerschaft ein. Drei Jahre später waren es bereits 13 von 160 Abgeordneten. Die Weimarer Republik erwies sich als Blütezeit der Sozialdemokratie. Bereits 1919 errang die SPD mit 50,8 Prozent der Stimmen erstmals die absolute Mehrheit bei einer Bürgerschaftswahl. Dennoch verzichtete die Partei darauf, den Ersten Bürgermeister zu stellen, und ging Koalitionen mit den bürgerlichen Parteien ein. Während der 20er-Jahre gab es fast immer eine linke Mehrheit von SPD und KPD in der Stadt, von der die beiden zunehmend verfeindeten Parteien allerdings keinen Gebrauch machten. In dieser Zeit galt Hamburg als uneinnehmbare „rote Festung“.

Wie stark die Stadt sozialdemokratisch geprägt war, zeigt zum Beispiel, dass der 1. Mai bereits seit 1919 in Hamburg gesetzlicher Feiertag war. Vorbildcharakter hatten die Arbeitersiedlungen wie die Jarrestadt in Winterhude mit ihren markanten Klinkerbauten. Bei der Reichtagswahl am 5. März 1933 – in Berlin ist Adolf Hitler längst an der Macht – wird die NSDAP auch in Hamburg mit 39 Prozent stärkste Kraft, aber SPD und KPD kommen zusammen auf 44,5 Prozent. Es ist ein letztes Aufflackern. Was folgt, ist die Machtübernahme der Nazis auch im Rathaus – ohne Wahlen. Viele Sozialdemokraten und Kommunisten sind längst verhaftet. Die SPD-Senatoren treten zurück und werden durch Nationalsozialisten ersetzt. Am 22. Juni 1933 wird die SPD in Deutschland verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die SPD wieder zur bestimmenden politischen Kraft im Stadtstaat: Die Partei stellt von 1946 bis 1953 und von 1957 bis 2001 den Ersten Bürgermeister, meist in Koalitionen. In den 90er-Jahren hat sich die SPD infolge der Flügelkämpfe zu sehr mit sich selbst beschäftigt, sieht sich hartnäckigen Filzvorwürfen ausgesetzt und hat vor allem das Thema der inneren Sicherheit vernachlässigt. Mit Ole von Beust wird am 31. Oktober 2001 ein Christdemokrat Erster Bürgermeister einer Koalition aus Union, Schill-Partei und FDP. Die SPD sitzt im einst „roten Hamburg“ auf den Oppositionsbänken. Erst 2011 gelingt Olaf Scholz mit der Erringung der absoluten Mehrheit die Rückeroberung der Macht für die SPD.