Die Bundeskanzlerin erhält in der Debatte um ihre politische Rolle zu DDR-Zeiten Rückendeckung aus fremden Lagern. Linken-Chefin Kipping warnt vor „pauschalem Hinwegreden über ostdeutsche Biografien“.

Berlin. Die Linkspartei und frühere DDR-Bürgerrechtler haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen den Vorwurf zu großer Systemnähe zu DDR-Zeiten in Schutz genommen. „Ich warne vor gefährlichen Vereinfachungen“, sagte die Linken-Chefin Katja Kipping der „Berliner Zeitung“ vom Dienstag. „Offenbar wollte Merkel 1989 einen demokratischen Sozialismus in einer reformierten DDR. Diesen Traum träumten viele.“ „Die Leichtigkeit, mit der heute gelegentlich aus dem Westen über Ostdeutsche geurteilt wird, erstaunt mich immer wieder“, sagte Kipping. „Wir müssen aufpassen, dass daraus im Wahlkampf nicht ein pauschales Hinwegreden über ostdeutsche Biografien wird.“

Gegen Merkel war zuvor in verschiedenen Publikationen der Vorwurf erhoben worden, sie habe während ihrer Mitgliedschaft in der DDR-Jugendorganisation FDJ eine stärkere Nähe zum Regime gehabt als bislang angenommen.

Auch der frühere DDR-Bürgerrechtler und heutige Europaabgeordnete Werner Schulz (Grüne) nahm Merkel in Schutz. „FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda – das klingt natürlich bombastisch“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Die Wirklichkeit sei aber „weniger dramatisch“. Es habe Tausende Sekretäre oder Sekretärinnen für Agitation und Propaganda in der FDJ gegeben. Die meisten seien aber „nicht mit Herz und Hirn oder echter Leidenschaft“ dabei gewesen.

Auch der frühere DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizère weist aktuelle Vorwürfe gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) zurück. Sie habe sich in der DDR angepasst, „wie es in bürgerlichen Kreisen üblich“ gewesen sei, habe aber zu Wendezeiten keine Positionen einer „Reformkommunistin“ vertreten, sagte de Maizière. Er war der einzige frei gewählte und zugleich letzte Ministerpräsident der DDR.

Am Montag hatte Regierungssprecher Steffen Seibert Vorwürfe zurückgewiesen, Merkel verschleiere ihre DDR-Vergangenheit. „Die Bundeskanzlerin hat sich wiederholt und über Jahre hinweg in Büchern wie auch in Interviews zu ihrem Leben in der DDR geäußert“, sagte er.