Bei NSU-Prozess verweist Bundestagsgutachten auf „Menschenwürde der Verfahrensbeteiligten“

Berlin. Rechtsexperten des Deutschen Bundestages halten eine Videoübertragung des NSU-Prozesses für unzulässig. Die Juristen verweisen auf die „Menschenwürde der Verfahrensbeteiligten“ – das geht aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes hervor, das der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vorliegt. Konkret heißt es dem Bericht zufolge in dem Papier: „So wird als unzulässig angesehen, zur Erweiterung der Zuhörerkapazität etwa die Türen zum Gerichtssaal dauernd geöffnet zu halten oder das im Gerichtssaal Gesprochene per Lautsprecher auf die umliegenden Flure zu übertragen. Eine Übertragung per Bild und Ton in einen anderen Raum, in dem die Hauptverhandlung nicht stattfindet, ist danach erst recht unzulässig.“

Der Öffentlichkeitsgrundsatz verpflichte das Münchner Oberlandesgericht ebenfalls nicht, bei zu erwartendem großen Zuhörerandrang in einem größeren Saal zu verhandeln. Das hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen selbst klargestellt. Aus Artikel 5 des Grundgesetzes lasse sich kein Anspruch auf Bild- und Tonübertragung der Verhandlung in einen anderen Gerichtssaal herleiten, heißt es in der Entscheidung, mit der das Gericht die Beschwerde eines freien Journalisten gegen das Losverfahren bei der Platzvergabe zurückwies.

Überregionale Zeitungen wollen nicht gegen das Losverfahren klagen

Der Journalist hatte geltend gemacht, dass bei der Verlosung der Medienplätze am Montag keine Kontingente für freie oder Online-Journalisten vorgesehen waren, und hilfsweise eine Videoübertragung des Münchner Prozesses gefordert. Er bezog sich dabei auch auf Artikel 5 des Grundgesetzes, in dem festgelegt wird, dass die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film zu gewährleisten sind. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts hat der Vorsitzende Richter bei der Verteilung knapper Sitzplätze „einen erheblichen Ermessensspielraum“. In Karlsruhe liegt allerdings noch eine weitere Verfassungsbeschwerde vor. Der freie Journalist Martin Lejeune hatte zunächst einen der 50 reservierten Presseplätze erhalten. Im zweiten Anlauf ging er bei der Verlosung leer aus. Die „Welt“-Gruppe, „Die Zeit“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) wollen auf eine Klage verzichten, um den Prozessbeginn am 6. Mai nicht zu gefährden. Sie alle waren bei der Verlosung leer ausgegangen.

Der Hauptangeklagten Beate Zschäpe wird Mittäterschaft bei zehn Morden der rechtsterroristischen Gruppe vorgeworfen. Angeklagt sind außerdem vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer.