Mieten sollen gedeckelt werden. Gute Finanzlage bei den Kommunen

Frankfurt. Rasant steigende Mieten, kaum noch freie Wohnungen, ein immenser Andrang auf attraktive Städte und Ballungszentren wie München, Rhein-Main, Stuttgart, Köln/Düsseldorf oder Hamburg: Was kann oder muss die Politik tun, um die drohende Wohnungsnot mancher Regionen abzuwenden? Der Deutsche Städtetag hat sich eine Lösung ausgedacht, elegant, simpel „wie ein Federstrich“, lobte Präsident Christian Ude (SPD) zum Auftakt der Hauptversammlung die eigene Idee. Der Münchner Oberbürgermeister, der sein Rathaus wegen der Altersgrenze verlassen muss und daher auch das Präsidentenamt aufgibt, schlägt vor: In angespannten Wohnungsmärkten sollen Mieten bei Wiedervermietung gedeckelt werden. Ähnliche Forderungen haben bereits der Deutsche Mieterbund und die Bundes-SPD erhoben.

Vermietete Wohnungen, so die Vorstellung des Städtetages, sollen auch nach einem Mieterwechsel in Zukunft höchstens zehn Prozent mehr als die ortsübliche Miete kosten dürfen. Bisher können Mieter fast nach Lust und Laune verlangen, was der Markt so hergibt. Ude hält das für paradox: „Für mich ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum sich der Eigentümer einer Altbauwohnung bei einem bestehenden Vertrag an das ortsübliche Niveau zu halten hat, wenn er die Miete erhöht. Aber bei einer Neuvermietung kann er plötzlich einfach 30, 40 oder 50 Prozent mehr verlangen“, sagte Ude zum Auftakt des Städtetages in Frankfurt. Vermieter, die mehr als 20 Prozent der ortsüblichen Miete kassieren, sollten sogar zu einem Ordnungsgeld verdonnert werden. Ausdrücklich verwahrt sich der Münchner OB allerdings gegen eine Kostenbremse bei Neubauwohnungen, um auf keinen Fall Investoren zu verschrecken. Der Städtetag will auch schärfere Vorschriften gegen Mietwucher, die laut Ude bisher fast nie greifen. Denn bisher haben Mieter nicht nur nachzuweisen, dass die Miete deutlich zu hoch ist; sie müssen auch Beweis führen, dass eine Mangellage ausgenutzt wurde. Auch sollte künftig derjenige die Maklergebühren übernehmen, der den Makler beauftragt hat, also in der Regel der Wohnungseigentümer. „Wer bestellt, bezahlt“, so Ude. Zugleich erneuerte er die Forderung an Bund und Länder, das Wohngeld zu erhöhen und wieder mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau zu stecken.

Der Städtetag warnt, dass in den nächsten zehn Jahren 700.000 neue Wohnungen in Deutschland fehlen, vor allem in Ballungsräumen und Großstädten. Auch Universitätsstädte stöhnen derzeit, weil wegen des verkürzten Abiturs zwei Abschlussjahrgänge auf einmal an die Hochschulen drängen.

Neben der Wohnungsnot diskutieren die Oberbürgermeister und kommunalen Vertreter bei ihrer Hauptversammlung weitere drängende Probleme der Kommunen, vor allem die knappen Finanzen, den ab August geltenden ausgeweiteten Kinderbetreuungsanspruch und der Umgang der Kommunen mit Vorschriften aus Brüssel. Die Finanzlage der Kommunen hat sich zuletzt, zumindest beim oberflächlichen Blick, überraschend verbessert. Erstmals seit Jahren machten die Städte und Gemeinden sogar wieder unter dem Strich einen Überschuss von 1,8 Milliarden Euro. Der Vizepräsident des Städtetages, der Heilbronner Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach, warnt aber vor Optimismus. Viele Städte hätten ihre Finanzlage zwar verbessert. Die Schere zwischen starken und strukturschwachen Regionen gehe jedoch immer weiter auf. Hauptgrund seien die Sozialkosten: Die Ausgaben stiegen in den vergangenen fünf Jahren von 30 auf 48 Milliarden Euro – also um satte 60 Prozent. Dringend fordert der Städtetag daher Bund und Länder auf, den Kommunen nicht immer nur neue Aufgaben aufzubürden, sondern dann auch für deren Finanzierung mit einzustehen.

Am Donnerstag soll der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) zum Nachfolger Udes gewählt werden. Maly hat viel Erfahrung beim Ausgleich der Interessen. Seine Heimatstadt regiert er mit einer großen Stadtratskoalition mit der CSU. Dass er jetzt als Städtetagspräsident in die politische Bundesliga wechselt, sieht er betont entspannt. „Das ist schön, aber kein Lebenstraum.“ Maly hat seine Hausaufgaben gemacht – als bisheriger Vizepräsident des Städtetags und Verbandschef in Bayern. Seiner Heimatstadt hat er schon als Stadtkämmerer Reformen verordnet, beispielsweise neue Finanzierungsmodelle zum Ausbau des Frankenstadions. Kurz nach seiner ersten Wahl 2002 konnte auch Nürnberg keinen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen. 2012 konnte Maly aber vermelden, dass erstmals der Schuldenanstieg gestoppt sei. Der politische Gegner wirft ihm zwar „minimalistische Politik“ und Zögerlichkeit vor, aber in der örtlichen CSU kursiert auch der Spruch: „Sein einziger Fehler ist, dass er nicht CSU-Mitglied ist.“