Die verzweifelte Erhebung ist zum Symbol des jüdischen Widerstands geworden

Warschau. In Warschau haben am Donnerstag die Gedenkfeierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Getto-Aufstands gegen die deutschen Besatzer begonnen. Für die mehreren Tausend Opfer sprach Polens Oberrabbiner Michael Schudrich am Mittag auf dem jüdischen Friedhof der Stadt das Kaddisch, das traditionelle jüdische Totengebet. An der zentralen Gedenkfeier am Freitag nehmen unter anderem der polnische Staatspräsident Bronislaw Komorowski, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) und die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) teil.

Am 19. April 1943 waren die ersten Schüsse des Aufstands gefallen, als jüdische Aufständische gegen die in das Ghetto einmarschierenden SS-Einheiten kämpften. Erst am 16. Mai endete der verzweifelte Kampf. Nur wenige Warschauer Juden überlebten die Niederschlagung des Aufstands. Es war der größte jüdische Aufstand gegen die Besatzer während des Zweiten Weltkriegs in Europa. Zum 70. Jahrestag des Aufstands wird das Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Freiwillige wollen überall in der Stadt Narzissen aus Papier verteilen – jene Blumen, die Marek Edelman, der letzte überlebende Anführer des Aufstands, jedes Jahr vor dem Denkmal der Getto-Kämpfer niederlegte. Edelman starb im Jahr 2009. Auf Anordnung von Kardinal Kazimierz Nycz werden um 10.00 Uhr zu Ehren der jüdischen Widerstandskämpfer die Glocken der katholischen Kirchen im Hauptstadt-Bistum läuten.

Etwa 3500 Menschen werden am Sonntagabend zu einer Menschenkette entlang des Verlaufs der einstigen Gettomauer erwartet. Bis zum 16. Mai läuft im Museum der Geschichte der polnischen Juden eine Film- und Vortragsreihe, die dem Aufstand und den Menschen im Getto gewidmet ist.

Das Warschauer Getto war das größte im besetzten Polen, mit zeitweise bis zu 460.000 Menschen, die auf einer Fläche von etwa drei Quadratkilometern leben mussten. Hunger, Enge, unzureichende sanitäre Einrichtungen brachten unerträgliche Lebensbedingungen. Nach Schätzungen starben 100.000 Menschen an den Folgen des Hungers. Im Juli 1942 begannen die Massendeportationen in das Vernichtungslager Treblinka. Als im Frühjahr 1943 eine neue Deportationswelle drohte, formierte sich der Widerstand. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch etwa 70.000 Menschen im Getto.