Heute soll geklärt werden, ob es zum Prozess gegen den ehemaligen Bundespräsidenten kommt. Wulffs Verteidiger und die Staatsanwälte haben Vorbereitungen für zügigen Abschluss getroffen.

Hannover. Die Entscheidung im Korruptionsverfahren gegen Christian Wulff steht kurz bevor. Nach einem abschließenden Gespräch der beteiligten Juristen am Montag könnten die Akten in dem Verfahren gegen den früheren Bundespräsidenten noch im Laufe dieser Woche endgültig geschlossen werden. Sowohl die Staatsanwälte als auch Wulffs Verteidiger vermieden nach dem einstündigen Treffen jeden Kommentar. Beide Seiten haben aber Vorbereitungen getroffen, das Ermittlungsverfahren jetzt möglichst zügig, möglicherweise noch an diesem Dienstag abzuschließen.

Dabei liegen die Parteien nicht so weit auseinander, wie es öffentlich wahrgenommen wurde. Beide Seiten setzen auf eine Einstellung des Verfahrens und damit auf die Vermeidung eines möglicherweise langwierigen und in der Geschichte der Bundesrepublik einmaligen Prozesses gegen ein ehemaliges Staatsoberhaupt.

Allerdings will die Staatsanwaltschaft, dass Wulff zum Ausgleich für die Einstellung des Verfahrens 20.000 Euro bezahlt und damit Verantwortung für die strafrechtlichen Ermittlungen übernimmt. Der Altbundespräsident und seine Verteidiger wollen dagegen eine voraussetzungslose Einstellung der Ermittlungen und damit ein Bekenntnis der Staatsanwaltschaft, dass Wulff sich als damaliger Ministerpräsident von Niedersachsen eben nicht der Korruption schuldig gemacht hat.

Genau an dieser Stelle hakt es. Für den leitenden Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer ist es erwiesen, dass Wulff für Gefälligkeiten des Filmunternehmers David Groenewold zugänglich war und dass Groenewold mit diesen Gefälligkeiten Ermessenserscheinungen des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten beeinflusst hat. So habe Wulff in einem offiziellen Schreiben bei der Firma Siemens für die Unterstützung des Groenewold-Films „John Rabe“ geworben. Wulff begründet seinen Einsatz dagegen unter anderem mit den Verdiensten des früheren Siemens-Managers John Rabe, der im China der 30er-Jahre Zehntausenden Menschen das Leben gerettet hatte.

Wulffs Anwälte vertraten die Position, dass der Einsatz des Regierungschefs für den Film im allgemeinen Interesse gewesen sei. So hätten ihn diverse chinesische Gesprächspartner immer wieder gebeten, das Gedenken an Rabe in Deutschland zu unterstützen.

Für beide Interpretationen gibt es Argumente und Indizien, die ein Gericht im Falle eines Prozesses zu wägen hätte. Das wäre im Prinzip kein schlechter Ausweg aus der verfahrenen Lage. Die Frage, unter welchen Umständen aus der sogenannten Landschaftspflege – der Begriff geht übrigens auf den ehemaligen Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch zurück – Korruption wird, ist ja nicht unspannender geworden im Laufe der Jahre.

Beharren beide Parteien auch nach ihrem montäglichen Treffen auf den Positionen, könnte es Ende des Jahres zu einem Prozess vermutlich vor dem Landgericht Hannover kommen.