Hamburger CDU-Politiker warnt wegen des Akkreditierungsverfahrens beim NSU-Prozess vor Imageverlust im Ausland. Berlin fordert Zugang türkischer Medien.

Hamburg/München. Die Kritik am Oberlandesgericht (OLG) München wegen der Journalisten-Akkreditierung beim Mordprozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) reißt nicht ab. Am dritten Tag nach der Veröffentlichung der Akkreditierungsliste, nach der kein türkisches Medium einen von 50 festen Journalisten-Plätzen im Gerichtssaal bekommt, fordern Politiker und Vertreter der türkischen Seite vehement eine Lösung. Das Verfahren interessiere die türkische Öffentlichkeit und Menschen türkischer Abstammung in Deutschland sehr, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Mittwoch in Berlin. Daher wäre es schön, wenn die Möglichkeit bestünde, "dass Vertreter der Medien darüber angemessen berichten können". Wie dies geschehen könne, sei Sache der Justiz.

Auch Regierungssprecher Steffen Seibert appellierte indirekt an die Justiz, auch türkische Medien zu dem Prozess zuzulassen. "Wir haben großes Verständnis in der Bundesregierung, dass es in der Türkei ein so großes Medieninteresse gibt, schließlich stammten die meisten der Opfer dieser schrecklichen Mordserie aus der Türkei", sagte er. Die Staatsministerin im Kanzleramt, Maria Böhmer, appellierte dringend an das Münchner Oberlandesgericht, seine Akkreditierungspraxis zu überdenken. "In diesem Fall schaut die ganze Welt auf Deutschland", erklärte Böhmer, die für Migration und Integration zuständig ist. Die türkische Zeitung "Milliyet" titelte: "Gerechtigkeit nach deutscher Art!"

Hamburger MdB kritisiert Vergabe

Der Hamburger Journalist und Politiker Jürgen Klimke kritisiert die Vergabe der Presseplätze ebenfalls scharf. "Es ist ein falsches Signal, das durch diese Entscheidung in die Welt gesandt wird", sagte Klimke dem Hamburger Abendblatt. Klimke sitzt für die CDU im Bundestag und ist dort im Auswärtigen Ausschuss für Pressefreiheit zuständig. "Wenn wir uns in Deutschland so verhalten, in einigen Ländern aber mangelnde Pressefreiheit und eingeschränkte Menschenrechte kritisieren, untergräbt das unsere Glaubwürdigkeit." Aus rechtlicher Sicht sei die Vergabe zwar korrekt gelaufen, dennoch sei es ein Fall von offensichtlicher Insensibilität und Inflexibilität. Den Prozess in München könne man nicht als einzelnes Kapitel der Aufarbeitung der NSU-Verbrechen sehen. "Besonders in der Türkei und in Griechenland haben wir durch die Ermittlungspannen und schleppende Aufarbeitung der Behörden viel Vertrauen verspielt."

Das Oberlandesgericht München rechtfertigt seine Entscheidung damit, dass es die Presseplätze nach der Reihenfolge der Anfragen vergeben habe. Eine Übertragung der Verhandlung in einen anderen Saal lehnte es ab, da dies gegen das Gerichtsverfassungsgesetz verstoße. Der Prozess gegen die 38-jährige Beate Zschäpe sowie vier mutmaßliche Helfer der Neonazi-Zelle ist zunächst bis Januar 2014 angesetzt. Zschäpe wird unter anderem Mittäterschaft bei zehn Morden, schwere Brandstiftung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die Bundesanwaltschaft legt dem NSU neben Banküberfällen und Brandstiftung die Ermordung von acht türkischen und einem griechischen Einwanderer sowie den Mord an einer deutschen Polizistin zur Last.