Abschied nach mehr als 18 Jahren: Kurt Beck nimmt den Hut. Mit dem Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz geht auch ein Politikertypus.

Mainz. „Ich hoffe, ich bin kein Auslaufmodell“, sagt Kurt Beck. Der langjährige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz hat kein Abitur gemacht, nicht studiert. Der Maurersohn hat sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet. Seine Erfahrung als Funkelektroniker habe ihm sehr geholfen, bodenständig und in Kontakt mit der Bevölkerung zu bleiben, sagte Beck kürzlich. Der 63-Jährige weiß: Mit seinem Rückzug droht auch ein bestimmter Politikertypus zu verschwinden.

Beck nimmt heute an seiner letzten Kabinettssitzung teil, will sich an diesem Mittwoch als Regierungschef in Mainz verabschieden und den Stab an seine Sozialministerin Malu Dreyer übergeben. Als Grund nennt er Probleme mit der Bauchspeicheldrüse.

Der SPD-Mann gilt schon heute als Denkmal – zumindest in Rheinland-Pfalz. 19 Jahre war Beck SPD-Landeschef, mehr als 18 Jahre Ministerpräsident. Nach der Ausbildung zum Elektromechaniker und der Hochzeit mit Frau Roswitha machte er auf dem zweiten Bildungsweg Mittlere Reife. 1972 trat er der SPD bei. 1979 wurde er Landtagsabgeordneter. In Rheinland-Pfalz regierte er zuerst mit der FDP, dann allein und seit 2011 mit den Grünen.

Im Jahr 2006 stieg Beck nach dem Rücktritt von Matthias Platzeck zum SPD-Bundesvorsitzenden auf. Nach zwei Jahren schmiss er 2008 hin. Er hatte im Willy-Brandt-Haus letztlich zu wenig Unterstützer. Im Rückblick sagt Beck, er habe „zu sehr auf Vertrauen gesetzt und nicht mehr auf den Austausch eines Teils des Apparats“.

Der Nürburgring ist seine größte Niederlage. Unter seiner SPD-Alleinregierung wurde ein überdimensionierter Freizeitpark an der weltbekannten Rennstrecke in der Eifel gebaut. Die abenteuerliche Privatfinanzierung scheiterte, der damalige Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) trat zurück. Er steht seit 2012 in einem Untreue-Prozess vor Gericht. Beck und sein Kabinett von 2009 sollen noch als Zeugen aussagen.

In diesem Jahr meldete die fast gänzlich landeseigene Nürburgring GmbH Insolvenz an, Steuergeld in dreistelliger Millionenhöhe steht auf dem Spiel. Beck überstand einen Misstrauensantrag der CDU im Landtag, blieb aber angeschlagen. In seiner Bilanz verweist er auf über 600 frühere Militärflächen, die während seiner Zeit erfolgreich umgewandelt worden seien. Er will nicht, dass nur der Nürburgring als sein Erbe gilt.

Bundesweit machte sich Beck einen Namen als Koordinator der rot-grün regierten Länder, als Chef des ZDF-Verwaltungsrats und der Rundfunkkommission der Länder. An der Spitze des Verwaltungsrats will er bleiben. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung leitet er nach dem Tod von Peter Struck kommissarisch, will aber auf Wunsch von SPD-Chef Sigmar Gabriel offiziell den Vorsitz übernehmen. In der Staatskanzlei folgt ihm die beliebte Malu Dreyer.

Dass er immer mal wieder Emotionen gezeigt hat, bereut Beck nicht. Im vergangenen Jahr provozierte ihn ein Student bei der Feier zur deutschen Einheit in München: „Die Bayern bezahlen den Nürburgring und den Betzenberg.“ Beck – Fan des 1. FC Kaiserslautern - entgegnete: „Können Sie mal das Maul halten einen Moment, einfach das Maul halten, wenn ich ein Interview mache?“ Vor wenigen Wochen sagte er: „Manchmal denke ich, ich hätte auch das Maul halten können. Aber bei überkandidelter politischer „Correctness“ geht mir die Hutschnur hoch.“