SPD will Neuerungen bei Mindestlohn, Ehegattensplitting und Mieterhöhungen. Steinbrück verteidigt Debatte über Kanzlergehalt.

Berlin. Höhere Steuern für Spitzenverdiener, ein Mindestlohn von 8,50 Euro, Abschaffung des Ehegattensplittings und Obergrenzen für Mieterhöhungen: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Parteichef Sigmar Gabriel haben ihre Reformagenda für Deutschland vorgelegt, sollten die Sozialdemokraten die Bundestagswahl im Herbst gewinnen. Steinbrück kündigte im "Tagesspiegel am Sonntag" zudem an, die Rüstungsexporte eindämmen zu wollen und die letzten Ministerien von Bonn nach Berlin holen zu wollen.

Trotz allen Reformeifers wird die öffentliche Debatte aber weiter von Steinbrücks Anmerkungen über zu knapp bemessene Kanzlergehälter und Angela Merkels "Frauenbonus" beherrscht. Am Sonnabend soll es eine Telefonkonferenz mit Steinbrück, Gabriel, Bundestags-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und dem niedersächsischen Spitzenmann Stephan Weil gegeben haben. Thema laut "Bild am Sonntag": Wie bringt die Bundes-SPD die Kanzlergehalts-Debatte rasch hinter sich, und wie kann sie trotz dieses schweren Gepäcks noch für Rückenwind in Niedersachsen sorgen, wo am 20. Januar gewählt wird?

Der Ex-Finanzminister selbst verteidigte sich unterdessen unverdrossen. "Ich habe mitnichten gefordert, das Kanzlergehalt zu erhöhen", stellte er im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" klar. Aber es sei doch so, dass Kanzler im Vergleich zu Führungskräften in der Wirtschaft eher gering bezahlt würden. "Diese Wahrheit werde ich nicht verschweigen, auch nicht als Kanzlerkandidat." Steinbrück hatte in einem Interview gesagt, dass jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen mehr verdiene als die Bundeskanzlerin, die etwa 30.000 Euro bekommt. Zwar könne seine Äußerung bei den kleinen Leuten missverstanden werden. Dennoch will Steinbrück ein Kandidat mit Ecken und Kanten bleiben: "Ich sage, was ich denke, und ich tue, was ich sage. Das ist mein Gegenentwurf zu Politikern, die oft nur reden, wie es opportun ist." Tatsächlich wollte Steinbrück vor fast 15 Jahren selbst einmal Sparkassenchef werden. Nach Recherchen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS)bewarb er sich im August 1998 informell darum, die Nachfolge des Präsidenten des schleswig-holsteinischen Sparkassen- und Giroverbandes anzutreten. Der Posten war laut FAS damals mit 400.000 Mark dotiert, mehr als die Ministerpräsidentin Heide Simonis verdiente. Jedoch sei seine Kandidatur von seiner eigenen Partei hintertrieben worden.

Eine Umfrage von Infratest dimap hat ergeben, dass 46 Prozent der Deutschen davon ausgehen, das Steinbrück nach den Debatten über Nebeneinkünfte und Kanzlergehalt in diesem Jahr abstürzen wird. Der "Wahrheit" des Kandidaten widerspricht auch dies: 72 Prozent teilen nicht Steinbrücks Einschätzung, dass Kanzler in Deutschland zu wenig verdienen, ermittelte TNS Emnid. Nur 23 Prozent finden die Aussage richtig.