Wenn Johanna Weber in Behörden oder von der Krankenkasse nach ihrem Beruf gefragt wird, gibt sie selbstbewusst Auskunft. Danach ist es meistens für einen Moment still. Johanna Weber ist Prostituierte. Sie selbst bezeichnet sich als Sexarbeiterin. Und das sagt sie auch, bei der Krankenkasse, beim Finanzamt, beim Einwohneramt. Ihre Freunde wissen es sowieso. Sie arbeitet in einem Domina-Studio in St. Georg, hat Kunden in München, Berlin und Zürich. Auf ihrer Internetseite gibt es Blogs über Doktorspiele und "Das erste Mal SM". Da steht auch, dass sie 43 Jahre alt ist und die Oberweite echt. Wenn Johanna Weber ihre Arbeit beschreibt, sagt sie: "Ich bin Erfüllungsgehilfin und Begleiterin für ausgefallene erotische Fantasien."

Johanna Weber heißt nicht wirklich so, das ist ihr Berufsname. Vor drei Jahren ist sie nach einer längeren Pause wieder ins Sexgewerbe eingestiegen. "Dass es das Prostitutionsgesetz gibt, spielte dabei eine Rolle." Anders als früher ist der Beruf anerkannt und nicht mehr sittenwidrig, sagt sie.

Johanna Weber will sich nicht verstecken. Sie hat sich bewusst für diese Arbeit entschieden, das unterscheidet sie von anderen. Sie hat ihren Job als Führungskraft in der Marketingabteilung eines großen Konzerns gekündigt, "weil er mir zu unkreativ und fremdbestimmt war". Und ist zurückgekehrt. Schon während ihres Pädagogikstudiums hat sie als Prostituierte gearbeitet, zuerst in Bordellen und dann in einer eigenen Wohnung. "Damals war viel Abenteuerlust dabei. Und ich habe gut verdient." Als Beruf habe sie sich Sexarbeit aber nicht vorstellen können.

Jetzt ist das anders. "Ich bin selbstständige Unternehmerin und zahle Steuern, wie alle anderen auch." Ihre Berufsmaterialien kann sie absetzen. "Es geht niemand davon aus, dass ich die Peitschen privat benutze", sagt Johanna Weber. Sie schreibt keine Rechnungen, muss aber ein exaktes Kassenbuch führen - natürlich ohne Namen ihrer Kunden.

Eine Stunde mit ihr als Domina kostet 250 Euro, inklusive Mehrwertsteuer. Sie ist wie jede freiberufliche Grafikerin oder jeder Handwerker in einer gesetzlichen Krankenkasse und zahlt freiwillig in die Rentenkasse. Weber sagt, dass sie gut verdient.

Aber sie weiß auch, dass sie in ihrem Beruf nicht der Normalfall ist. "Auch wenn das Gesetz für mich gut ist, für die meisten anderen ist es gescheitert", sagt sie. Die Regelungen gingen an der Lebenswirklichkeit der Frauen im Gewerbe vorbei. Die Unzulänglichkeiten fingen schon damit an, dass viele Frauen sich nicht trauen, sich als Prostituierte anzumelden. Sie geben an, dass sie Sporttrainerin seien, Tänzerin oder Masseurin. "Das liegt daran, dass der Beruf auch zehn Jahre nach der Legalisierung in der Gesellschaft nicht anerkannt ist. Viele haben Angst vor der Stigmatisierung."

Gescheitert sei auch die Absicht der Politik, den Frauen mehr Sicherheit zu verschaffen, in dem sie in Klubs oder Bordellen angestellt arbeiten. Ein Grund: "Prostituierte sind sehr mobil, wollen die Möglichkeit haben, schnell den Arbeitsplatz zu wechseln." Auf der anderen Seiten hätten auch die Bordellbesitzer wenig Interesse an festen Arbeitsverhältnissen, weil im Prostitutionsgesetz "ein eingeschränktes Weisungsrecht" festgeschrieben ist. "Grundsätzlich ist das natürlich gut für die Frauen", sagt sie. Aber es bedeute eben auch, dass sie nicht an Kündigungsfristen gebunden sind. "Außerdem haben angestellte Frauen das Recht, Freier abzulehnen. Das gefällt natürlich vielen nicht."

Deshalb müsse sich jetzt endlich etwas tun, sagt Johanna Weber. Sie engagiert sich für eine Änderung des Gesetzes, arbeitet in der Hurenorganisation Hydra mit und fährt auf Kongresse. "Prostituierte haben keine Lobby", sagt sie. "Niemand will das Thema so richtig anfassen. Wir müssen es selbst tun."