Berichte über Pläne von Finanzminister Schäuble schüren Koalitionsstreit

Berlin. Die Opposition hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aufgefordert, Klarheit über ein angebliches Sparpaket mit Steuererhöhungen und drastischen Einschnitten bei der Rente zu schaffen. Schäuble müsse die Karten dringend auf den Tisch legen, verlangten SPD-Fraktionsvize Joachim Poß und Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. Der "Spiegel" hatte berichtet, im Finanzministerium werde an einem Sparpaket für die nächste Legislaturperiode gearbeitet, das die Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes vorsehe. Ein Ministeriumssprecher wies den Bericht als falsch zurück. Die Opposition spricht aber von "Testballons" und "halbseidenen Dementis".

Der "Spiegel" schreibt, Schäuble fürchte höhere Belastungen durch Konjunkturrisiken oder Gefahren der Euro-Krise. Die interne Ministeriumsvorlage trage den Titel "Mittelfristige Haushaltsziele des Bundes". Schäuble habe die Vorlage bereits gebilligt. Demnach schlagen die Beamten unter anderem vor, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent abzuschaffen und auf alle Waren und Dienstleistungen 19 Prozent Mehrwertsteuer zu erheben. Dies brächte den öffentlichen Kassen 23 Milliarden Euro.

Um zehn Milliarden Euro wollen die Fachleute den Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds senken. Damit die Beiträge zur Krankenkasse dennoch stabil gehalten werden können, plädierten Schäubles Experten für einen Gesundheits-Soli. Dies wäre ein Aufschlag auf die Einkommenssteuer, der der gesetzlichen Krankenversicherung zugutekommen solle. Um die Rentenkassen zu entlasten, sollen die Deutschen laut Bericht über die derzeitige Regelaltersgrenze von 67 Jahren hinaus arbeiten. Die Dauer des Rentenbezugs solle "an die Lebenserwartung gekoppelt werden". Der Vorruhestand solle so unattraktiv gemacht werden wie möglich. Wer vor der Regelaltersgrenze in die Rente geht, soll Abschläge bis zu 6,7 Prozent pro Jahr des früheren Ausscheidens hinnehmen (bislang 3,6 Prozent). Das Ministerium schlage auch vor, die Witwenrenten zu kürzen.

Auch Finanzpolitiker der Regierungskoalition warnten davor, den Haushalt über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu sanieren. Zwar sei eine Reform der Umsatzsteuer nötig, "doch eine Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes ist kein Mittel zur Haushaltssanierung", sagte Unions-Fraktionsvize Michael Meister dem "Tagesspiegel". FDP-Fraktionsvize Volker Wissing sagte der "Welt": Wenn der Staat durch Änderungen bei der Mehrwertsteuer Mehreinnahme erziele, "muss man sie den Bürgern an anderer Stelle zurückgeben".