Zusammenschluss von Wohlfahrtsverbänden und sozialen Vereinigungen nimmt Stellung zu Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung.

Berlin. Wer arm ist, bekommt in Deutschland immer weniger Chancen, seiner Armut zu entfliehen. Es gebe seit einigen Jahren eine Tendenz zur Verfestigung von Armut, geht aus einem „Schattenbericht“ der Nationalen Armutskonferenz zum 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Wenn Politik nicht handele, nehme das Armutsrisiko weiter zu. Zugleich kritisierten die Autoren des Berichts, dass die Politik die Chancen für einen Aufstieg überbewerte. Kleingeredet werde dagegen das Risiko zu verarmen. Auch das Auseinanderdriften von Arm und Reich werde in der Bundesregierung infrage gestellt.

Zur Bekämpfung der Armut fordern Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften nun eine Enquetekommission des Bundestages. Ziel sollte sein, in diesem Gremium Handlungsempfehlungen und Umsetzungsstrategien auszuhandeln, sagte die stellvertretende Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz, Michaela Hofmann, am Dienstag in Berlin. Datenerhebungen über die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in reiche und arme Schichten gebe es hingegen genug.

Forderung nach flächendeckendem Mindestlohn

Die Kommission solle sich außerdem für flächendeckend gesetzliche Mindestlöhne einsetzen. „Mini-Löhne heute führen zu Mini-Renten morgen“, erklärte der Zusammenschluss von Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, der Kirchen, des DGB und bundesweit organisierter Initiativen. Außerdem müsse es einen umfassenden „armutspräventiven Ansatz“ in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Familienpolitik geben, der auch für ausreichende Beiträge in die Rentenversicherung sorge.

„Sozialversicherte, existenzsichernde Erwerbsarbeit im ersten und zweiten Arbeitsmarkt muss mit einem bundesweit bedarfsgerechten Ausbau von Betreuungsangeboten einhergehen“, verlangte die Konferenz. Erziehungs- und Pflegezeiten sowie Phasen der Erwerbslosigkeit müssten für die Rente „beitragsfähig“ gestaltet werden. Letztendlich schütze nur eine gesetzliche Mindestrente effektiv vor Altersarmut.

Ziel der Nationalen Armutskonferenz ist es, über Armut aufzuklären, die Auswirkungen zu beschreiben, Lösungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Armut und sozialer Ausgrenzung in die Öffentlichkeit und den politischen Prozess zu tragen.

Armutsbericht soll im Januar verabschiedet werden

Der 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Nach Angaben des federführenden Bundesarbeitsministeriums ist mit dessen Verabschiedung in der zweiten Januarhälfte zu rechnen. Derzeit werde darüber noch „mit Leidenschaft gerungen“, hieß es aus Regierungskreisen.

Der 1991 gegründeten Armutskonferenz gehören unter anderem alle Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bundesjugendring sowie die Dachverbände von Schuldnerberatungsstellen, Tafeln und Obdachloseneinrichtungen an.