Machtprobe zwischen Regierung und Opposition: SPD und Grüne wollen sich bei Billigung der Hilfen nicht unter Druck setzen lassen.

Berlin. Zwischen Regierung und Opposition ist ein Streit über die Verabschiedung der neuen Griechenland-Hilfen im Bundestag entbrannt. Die schwarz-gelbe Koalition will das erweiterte Rettungspaket schon in dieser Woche im Parlament zur Abstimmung stellen. SPD und Grüne stehen zwar im Prinzip hinter dem Rettungskurs, wollen sich aber nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Die Linke will an ihrer Linie festhalten und auch die neuen Hilfen ablehnen.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier schloss am Dienstag ein Nein der Sozialdemokraten nicht aus, falls Union und FDP die jüngsten Beschlüsse der internationalen Geldgeber im Eilverfahren durchsetzen wollten. In einer Fraktionssitzung wurde nach Angaben von Teilnehmern geballter Unmut über das Vorgehen von Schwarz-Gelb laut. Die SPD-Abgeordneten ließen offen, wie sie sich verhalten würden, falls die Koalition an ihrem Fahrplan festhält.

Auch die Grünen verlangen ausreichend Beratungszeit. „Bislang liegt uns nichts vor“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck der dpa in Berlin. Eine Debatte ohne ordentliche Grundlage führe nicht weiter. „Das ist unseriös“, sagte Beck.

Damit könnte die Entscheidung über das neue Rettungspaket zur Zitterpartie für die Bundesregierung werden. Bei einem Nein der Opposition wären Union und FDP auf ihre eigene Mehrheit im Bundestag angewiesen. In der Vergangenheit hatte es aber in der Koalition immer wieder etliche Nein-Stimmen gegen die Griechenland-Hilfe gegeben.

Die Koalition hat die Abstimmung für diesen Donnerstag ansetzen lassen. Die Union zeigte sich am Dienstagabend jedoch bereit, den Termin auf Freitag zu verschieben. Aus Kreisen der CDU/CSU-Fraktion hieß es, Bundestagspräsident Norbert Lammert habe den Fahrplan ausdrücklich gebilligt. Voraussetzung sei, dass der entsprechende Antrag des Bundesfinanzministeriums und die Anhänge an diesem Mittwoch in deutscher Übersetzung vorlägen.

Steinmeier hatte zuvor vorgeschlagen, in dieser Woche zunächst nur über die Eröffnung des Staatsanleihen-Ankaufprogramms zu entscheiden. Die weiteren Punkte könne der Bundestag dann Mitte Dezember billigen. Damit dürfte die Zeit allerdings sehr knapp werden. Die Eurogruppe will – nach Befassung der nationalen Parlamente – am 13. Dezember endgültig die Auszahlung der Milliardenhilfen beschließen.

Schäuble machte vor Journalisten klar, dass die jüngsten Beschlüsse der internationaler Geldgeber den Bundeshaushalt 2013 in dreistelliger Millionenhöhe belasten. Seinen Angaben zufolge laufen sie darauf hinaus, dass Deutschland auf 599 Millionen Euro Erträge aus dem Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank verzichten muss. Daneben dürften rund 130 Millionen Euro Zinseinnahmen wegfallen, weil die Kreditzinsen für Athen gesenkt werden sollen.

Die internationalen Geldgeber hatten sich in der Nacht auf die Auszahlung neuer Milliardenkredite an Griechenland verständigt. Außerdem vereinbarten sie Schritte wie ein Schuldenrückkaufprogramm, Zinserleichterungen oder längere Darlehenslaufzeiten, um langfristig die Schuldenlast zu drücken.

Schäuble verteidigte die Beschlüsse als guten Kompromiss. Einen Schuldenschnitt für Griechenland lehnte er erneut ab. „Es war allen klar, auch dem IWF, dass dies keine Lösung für die Probleme ist.“ Solange man weiter Kredite an Athen ausreiche, würde ein Schuldenschnitt rechtliche Fragen aufwerfen.

Dagegen rechnet die SPD fest mit einem solchen Schritt im Jahr 2014. „Ich sage Ihnen: Der Schuldenschnitt ist nicht vermieden, er ist verschoben worden auf einen Zeitpunkt nach der Bundestagswahl“, sagte Steinmeier im ZDF-„Morgenmagazin“.

Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle machte deutlich, dass er einen Schuldenschnitt der öffentlichen Geldgeber nach Vorbild der privaten Gläubiger „auf längere Sicht“ nicht für ausgeschlossen hält. Ähnlich äußerte sich Unions-Haushaltsexperte Norbert Barthle. Dabei rede man aber eher über das Jahr 2020.

Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach kritisierte die jüngsten Hilfsvereinbarungen für Athen. Es würden gewaltige Risiken eingegangen, ohne die Probleme wirklich zu lösen.