Nato will mit Stationierung von Abwehrraketen zu Deeskalation der Lage syrischer Grenze beitragen. Moskau befürchtet gegenteiligen Effekt.

Moskau/Berlin. Die geplante Stationierung von „Patriot“-Luftabwehrraketen in der Türkei droht das Verhältnis zwischen der Nato und Russland weiter zu belasten. Der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow warnte das westliche Verteidigungsbündnis am Donnerstag vor dem Einsatz zum Schutz vor syrischen Angriffen, an der sich auch die Bundeswehr beteiligen soll. Die Folge könne eine weitere Eskalation des Konflikts in der Region sein, sagte Rjabkow der Agentur Interfax zufolge. Im Bundestag zeichnete sich unterdessen eine breite Zustimmung für die Entsendung von möglicherweise mehr als 170 deutschen Soldaten ab.

„Das dortige Grenzgebiet wird immer unruhiger“, sagte Rjabkow. Statt um eine militärische Initiative sollte sich die internationale Gemeinschaft lieber um eine politische Lösung bemühen. Das Verhältnis zwischen Russland und der Nato ist ohnehin angespannt. Hauptgrund sind die Planungen der Nato für ein Raketenabwehrsystem in Europa, das vor allem vor Angriffen aus Ländern wie dem Iran schützen soll. Deutschland will auch dafür „Patriot“-Raketenabwehrsysteme zur Verfügung stellen. Die Nato hat Russland zwar eine Einbindung in den Schutzschirm angeboten, die Gespräche darüber kommen aber seit Monaten nicht voran.

Die Türkei hatte die Nato am Mittwoch offiziell um Stationierung der „Patriots“ gebeten. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan trat am Donnerstag Befürchtungen entgegen, Nato-Luftabwehrtruppen könnten in den syrischen Bürgerkrieg verwickelt werden. Die Nato-Kräfte sollten nur der Verteidigung der Türkei dienen, zitierte ihn die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.

Der Bundestag soll möglichst noch in der ersten Dezemberhälfte über den Einsatz abstimmen. Eine breite Mehrheit scheint sicher. Neben den Koalitionsfraktionen haben auch Fachpolitiker von SPD und Grünen Zustimmung signalisiert. „Ich gehe davon aus, dass die SPD mitmacht“, sagte SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels der „Mitteldeutschen Zeitung“. Es gehe auch kaum anders, wenn ein Bündnispartner um Hilfe bitte. „Wenn wir es nicht täten, wäre das ein fatales Signal.“

Auch die Grünen-Außenexpertin Kerstin Müller äußerte sich positiv: „Meine persönliche Tendenz ist eher die, dem zuzustimmen“, sagte sie nach einer Unterrichtung des Auswärtigen Ausschusses durch Außenminister Guido Westerwelle in Berlin. Einige Fragen müssten aber noch geklärt werden. Beispielsweise seien die Stationierungsorte für die von der Türkei angeforderten „Patriot“-Raketenabwehrsysteme noch nicht geklärt. Es müsse auch eindeutig festgeschrieben werden, dass die Waffen nicht zur Durchsetzung einer Flugverbotszone über Syrien eingesetzt werden dürften, sagte Müller.

Die Durchsetzung einer Flugsverbotszone mit den „Patriots“ ist in der türkischen Anfrage ausgeschlossen. Westerwelle betonte am Donnerstag erneut den defensiven Charakter des Einsatzes und sagte, er rechne mit einer breiten Zustimmung des Bundestags. „Ich glaube, dass die allermeisten Abgeordneten sehen, was das für Konsequenzen haben würde, wenn man einer Bitte eines Bündnispartners eine Absage entgegenstellen würde in einer so schwierigen Situation“, sagte der FDP-Politiker.

Neben Deutschland verfügen nur die USA und die Niederlande über die modernste „Patriot“-Version. Es wird erwartet, dass sich alle drei Länder an dem Einsatz beteiligen