Reserve wächst auf fast 30 Milliarden Euro. Reformpläne der Parteien verwirren die Experten

Würzburg. Die unklaren Rentenpläne der schwarz-gelben Bundesregierung und die Vorschläge aus der Opposition sorgen für mehr Verwirrung als Klarheit bei der Deutschen Rentenversicherung. Der Arbeitgeber-Vertreter in der Spitze der Rentenversicherung, Alexander Gunkel, richtete einen "eindringlichen Appell an die politischen Akteure", den unstrittigen Teil des Reformpaketes "zügig umzusetzen". Dabei gehe es vor allem um Verbesserungen für Menschen, die aufgrund von Krankheit nicht mehr arbeiten könnten, und um einen flexibleren Übergang vom Arbeitsleben in die Rente.

Über die Pläne vor allem im Arbeitsministerium von Ursula von der Leyen (CDU), sagte Gunkel: Wer gegen drohende Altersarmut vorgehen wolle, müsse das Geld von allen Steuerzahlern holen. Denn, so Gunkel: "Armutsbekämpfung ist eine Aufgabe der Gesellschaft und nicht etwa nur der Rentenbezieher und der Beitragszahler."

Damit drückte Gunkel eine Sorge und eine Forderung zugleich aus: Hände weg von der prall gefüllten Rentenkasse. Und: Die Politik jongliert mit Reserven, ohne Rücksicht auf die Sozialkassen zu nehmen, die Arbeitnehmer und Unternehmen gefüllt haben. Das zeige sich auch darin, dass der Bundeszuschuss an die Rentenversicherung demnächst pauschal gekürzt wird. Im Haushaltbegleitgesetz 2013 ist festgelegt, dass bis 2016 die Steuergelder für die Rentenkasse zur Finanzierung von Kindererziehungszeiten und Ähnlichem um 4,75 Milliarden Euro vermindert werden. Die Rentenerhöhung 2014 sei somit schon im Vorwege gekürzt, sagt DGB-Rentenexpertin Annelie Buntenbach. Die amtierende Vorstandsvorsitzende der Rentenversicherung: "Das bedeutet, dass nicht nur die Beitragszahler, sondern auch die Rentner den fehlenden Teil des Bundeszuschusses ausgleichen müssen."

Dennoch steuert die Rentenversicherung wegen der guten Konjunktur und der Reformen der vergangenen Jahre auf ein exzellentes Finanzergebnis 2012 zu. Die Einnahmen stiegen von Januar bis Oktober um vier Prozent. Bis zum Jahresende erwarten die Schätzer einen Überschuss von 5,1 Milliarden Euro. Die Nachhaltigkeitsrücklage (Reserve) soll auf 29,4 Milliarden Euro wachsen, das entspricht dem 1,69-Fachen einer Monatsausgabe. Schon ab dem 1,5-Fachen müssen die Beiträge sinken.

Vom Januar 2013 an verlangt die Rentenversicherung deshalb nur noch 18,9 statt wie heute 19,6 Prozent vom Bruttoeinkommen. Das ist bereits beschlossen. Wegen der geringeren Einnahmen wird der Haushalt der Rentenversicherung daher in den nächsten Jahren ein Defizit aufweisen und an die Reserven gehen müssen. Doch es wird mindestens fünf Jahre dauern, bis diese Rücklage halbiert ist.

Während die Gewerkschaften die Reserven erhalten wollen, lehnen die Arbeitgeber das ab. Buntenbach warnt, die Reserven könnten schneller als erwartet schmelzen. Rentenversicherungspräsident Herbert Rische sprach sich dafür aus, nicht erst bis zur gesetzlichen Untergrenze vom 0,2-Fachen einer Monatsausgabe an Reserve zu warten, bis der Beitrag erhöht wird. Bei etwa einer halben Monatsausgabe sieht er die Untergrenze. Rische: "Wir wollen nicht wieder in die Situation kommen, dass wir Darlehen vom Bund benötigen, um die Renten auszuzahlen."