Es wird immer mehr: Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück soll nebenbei zwei Millionen Euro an Honoraren eingestrichen haben.

Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gerät wegen seiner Nebeneinkünfte in Höhe von etwa zwei Millionen Euro und neuer Ungereimtheiten zunehmend in die Defensive. Steinbrück soll neben den 1,25 Millionen Euro für Vorträge in dieser Wahlperiode noch Buchhonorare von mindestens einer halben Million Euro erzielt haben, berichteten das Magazin „Focus“ und die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS). Die SPD-Linke warf ihm fehlendes Fingerspitzengefühl vor. Laut einer Umfrage halten die Bundesbürger Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für viel glaubwürdiger als Steinbrück. Die SPD liegt in der Sonntagsfrage weiter unter 30 Prozent.

Zu dem Nebenverdienst kommen noch knapp 115 000 Euro hinzu, die Steinbrück bereits als Vergütung für sein Aufsichtsratsmandat beim Stahlkonzern ThyssenKrupp erhalten hat. Noch ausstehend sei ein Betrag von rund 65 000 Euro, der Steinbrück für das abgeschlossene Geschäftsjahr zustehe, berichtet „Focus“. Zudem habe er eine fünfstellige Summe für ein Interview im Geschäftsbericht des Baukonzerns Bilfinger Berger erhalten. Steinbrück wollte sich zu den neuen Zahlen nicht äußern. „Es ist alles gesagt“, erklärte sein Sprecher. Im Streit mit den Bochumer Stadtwerken um die Frage, ob der Ex-Finanzminister und Bundestagsabgeordnete die 25 000 Euro für einen Auftritt hätte spenden müssen, geht der Kanzlerkandidat nun juristisch gegen das Unternehmen vor.

SPD-Chef Sigmar Gabriel verteidigte Steinbrücks Weigerung, die Buchentgelte offenzulegen. „Wenn Politiker Bücher schreiben, kann jeder ganz leicht sehen, wofür das Honorar überwiesen wird und ob es Abhängigkeiten gibt. Da gibt es keine Geheimnisse“, sagte er der „FAS“.

Gabriel kündigte eine Neuregelung für die Transparenz bei Politikereinkünften an. „Wenn wir ab dem nächsten Jahr wieder regieren, werden wir beschließen, dass alle Einkünfte von Abgeordneten im Bundestag auf Euro und Cent veröffentlicht werden.“ Demnächst will die SPD über einen Gesetzentwurf abstimmen lassen. „Union und FDP müssen dann Farbe bekennen“, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles der „Bild am Sonntag“.

Nach „Focus“-Berechnungen erhielt Steinbrück allein für sein Erstlingswerk „Unterm Strich“ eine halbe Million Euro. Für das Buch „Zug um Zug“ habe der Verlag mehr als 100 000 Euro gezahlt, die sich Steinbrück mit dem Co-Autoren Helmut Schmidt teile. Die „FAS“ rechnet etwas anders und kommt auf 300 000 Euro für „Unterm Strich“ und rund 180 000 Euro für „Zug um Zug“.

Die Parteilinke sieht die Debatte über Steinbrück kritisch. „Wenn sich die SPD als Partei der sozialen Gerechtigkeit mit so einer Debatte herumschlagen muss, dann ist das für uns natürlich schwierig“, sagte die Vorsitzende der Demokratischen Linken in der SPD, Hilde Mattheis, dem „Focus“. Die baden-württembergische SPD-Vize Leni Breymaier vermisst Fingerspitzengefühl bei Steinbrück. „Ich finde, es gehört sich nicht“, sagte die Verdi-Landeschefin. Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin ließ im SWR Kritik an Steinbrück anklingen: „Man sollte schon darauf achten, dass die Diäten nicht zu Nebeneinkünften werden.“

Nach einer Emnid-Umfrage kann Steinbrück in Sachen Popularität nicht mit Merkel mithalten. Die Bundesbürger hielten die CDU-Chefin für sympathischer, durchsetzungsfähiger und glaubwürdiger als Steinbrück, berichtete „Focus“. Vor allem bei den Frauen komme Merkel besser weg als Steinbrück. Die Frauen in der SPD verlangten denn auch von ihm, er solle sein Regierungsteam zur Hälfte weiblich besetzen. „Das Regierungsteam der SPD muss das Thema Gleichstellung glaubwürdig widerspiegeln“, so Elke Ferner, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF), in der „Welt am Sonntag“.

Gabriel sieht keine Differenzen zwischen Steinbrück und seiner Partei. Beim SPD-Parteitag im Dezember werde es ein „überwältigendes Votum“ für Steinbrück geben. Die Partei verharrt jedoch in der Sonntagsfrage bei 29 Prozent und liegt weiter hinter der Union mit 38 Prozent, berichtet die „Bild am Sonntag“ über eine Emnid-Umfrage. Nahles gab sich in der Zeitung gelassen: „Wir sind nicht unzufrieden mit der Umfragesituation. Der Wahlkampf geht doch jetzt erst los.“