Wirtschaftsstarke Bundesländer sollen aber künftig stärker profitieren

Stuttgart. Die finanzstarken Länder Baden-Württemberg und Hamburg wollen den jahrelangen Streit mit den Nehmerländern um den Finanzausgleich allein auf dem Verhandlungsweg lösen. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz sagte in Stuttgart nach Beratungen mit Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (beide SPD), die Androhung einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht sei "nicht hilfreich". Eine entsprechende Ankündigung von Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) sei dem Landtagswahlkampf geschuldet.

Die Anrufung der Karlsruher Richter koste nur Zeit. Zu den vier Geberländern, die in den Finanzausgleich zwischen den 16 Bundesländern einzahlen, gehören neben Hamburg und Baden-Württemberg auch Bayern und Hessen. Scholz hatte im Auftrag der vier Länder Gespräche mit den finanzschwachen Nehmerländern geführt.

Baden-Württembergs Finanzminister Schmid wandte sich ebenfalls gegen den Gang nach Karlsruhe, den auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann wegen ungewisser Aussichten nicht beschreiten will. Die Ministerpräsidenten der Länder seien sich einig, im kommenden Jahr im Detail über den milliardenschweren Finanzausgleich zu reden. Dieser verabredete Fahrplan würde mit einer Verfassungsgerichtsklage torpediert.

"Eine Klage macht in einer solchen Situation keinen Sinn, das verzögert die Gespräche nur", sagte Baden-Württembergs Vize-Regierungschef Schmid. Sein Land wolle mit den Verhandlungen erreichen, dass die Geberländer künftig stärker von der eigenen Wirtschaftskraft profitierten.

Scholz mahnte zu Geduld, um den komplexen Umverteilungsmechanismus auf eine neue Basis zu stellen. "Eine Lösung wird Zeit brauchen", sagte der SPD-Politiker. Denn Patentlösungen zur Neuregelung des seit Jahrzehnten praktizierten Länderfinanzausgleichs gebe es nicht. "Es gibt nicht die eine geniale Idee, auf die alle gewartet haben und die bisher nur noch niemand hatte", sagte Scholz. Es gelte bei diesem Thema, einen "ganz hohen Berg" zu besteigen.

Auf den jüngsten Vorstoß der haushalts- und finanzpolitischen Sprecher der Unions-Fraktionen reagierte Scholz kühl. In die anstehende Diskussion sollte nicht "mit großen Manövern" gestartet werden, sagte Scholz. Die Experten der Unions-Fraktionen hatten ebenfalls vorgeschlagen, mehr Leistungsanreize zu schaffen, damit die gut situierten Länder einen größeren Teil ihrer Mehreinnahmen behalten können. Der Bund solle den finanzschwachen Stadtstaat Berlin zudem mit einer "Bundeshauptstadthilfe" unterstützen. Ab dem Jahr 2020 dürfen die Bundesländer wegen der Schuldenbremse nur noch in Ausnahmefällen neue Schulden aufnehmen, zudem endet der Solidarpakt mit den ostdeutschen Ländern 2019.

Die baden-württembergische FDP-Chefin Birgit Homburger kritisierte, eine Verhandlung könne nur erfolgreich sein, "wenn klar ist, dass die Schmerzgrenze erreicht ist und das Land im Notfall klagen wird".