Berlin. Leibliche Väter in Deutschland sollen erstmals ein Umgangsrecht mit ihrem Kind erhalten - auch wenn die Mutter das Kind gemeinsam mit einem anderen Mann großzieht. Das Kabinett verständigte sich gestern auf einen entsprechenden Gesetzentwurf, über den nun der Bundestag entscheiden muss. Bislang kann der biologische Vater nur dann einen Kontakt gegen den Willen der Mutter und des sogenannten rechtlichen Vaters erzwingen, wenn er bereits eine enge persönliche Beziehung zu seinem Kind aufgebaut hat. Künftig soll hingegen entscheidend sein, ob der Umgang dem Kindeswohl dient und ob erkennbar ist, dass der leibliche Vater Verantwortung für seinen Nachwuchs übernehmen will. Zudem erhält der Vater das Recht, dass man ihm Auskunft über die Lebensverhältnisse des Kindes gibt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte leiblichen Vätern in mehreren Entscheidungen das grundsätzliche Recht eingeräumt, ihre Kinder zu sehen, und beanstandet, dass der leibliche Vater in vielen Fällen bisher keine Chance habe, eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen. Da biologische Väter im deutschen Recht jedoch nicht vorgesehen sind, sah sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zum Handeln gezwungen.

Erst vor einem Vierteljahr hatte das Kabinett die Rechte von unverheirateten Vätern gestärkt. Sie sollen uneingeschränkt das Sorgerecht für ihre Kinder ausüben können - im Zweifel auch gegen den Willen der Mutter. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Juli wird der Bundestag voraussichtlich in der kommenden Woche in erster Lesung beraten.

Leutheusser-Schnarrenberger erklärte dazu, bisher orientiere sich das Familienrecht stark an einer intakten Ehe mit Kindern. Noch offen ist, wann sich das Parlament mit der Reform des Umgangsrechts befasst. Gegen die bisherige Regelung hatte vor dem Straßburger Gerichtshof unter anderen ein 41-jähriger Berliner geklagt.