Gute Konjunktur lässt Einnahmen steigen. Streit um Praxisgebühr neu entbrannt

Berlin/Bonn. Das Finanzpolster der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) steigt bis Jahresende nach Berechnungen des Schätzerkreises um weitere 7,1 Milliarden Euro. Wegen der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt fließen 2012 voraussichtlich 3,2 Milliarden Euro Überschuss in den Gesundheitsfonds, wie das Bundesversicherungsamt am Donnerstag in Bonn mitteilte. 3,9 Milliarden Euro werden die Krankenkassen den Berechnungen zufolge selbst ansparen können.

Der Gesundheitsfonds würde danach Ende des Jahres rund 12,7 Milliarden Euro umfassen, hinzu käme etwa dieselbe Summe auf den Konten der Kassen, sodass die gesetzlichen Krankenkassen mit einem Finanzpolster von mehr als 25 Milliarden Euro rechnen können. Aus dem Gesundheitsfonds erhalten die Krankenkassen einheitliche Beiträge für jeden Versicherten, um die Gesundheitskosten zu decken. Der Gesundheitsfonds wurde 2009 eingeführt. Der GKV-Schätzerkreis setzt sich aus Fachleuten des Gesundheitsministeriums, der Krankenkassen und des Bundesversicherungsamts zusammen.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) startete angesichts der guten Finanzlage der Kassen einen neuen Vorstoß für ein Aus der Praxisgebühr. Die Überschüsse hätten ein Maß angenommen, das einen Verzicht auf die unsinnige Gebühr rechtfertige, sagte er in München. "Wir können uns das leisten." Ein Verzicht auf die Zehn-Euro Gebühr pro Quartal würde zwei Milliarden Euro kosten. Der Unions-Gesundheitsexperte Jens Spahn (CDU) warnte dagegen davor, die stabile Finanzlage zu gefährden. Es müsse jetzt vor allem heißen, "die Rücklagen des Fonds für schlechtere Zeiten zu bewahren und vor Begehrlichkeiten zu schützen".

Nach den Ärzten verlangen auch die Kliniken, die Pharmabranche und die Apotheker mehr Geld. "Den Krankenhäusern droht im nächsten Jahr eine Finanzierungskatastrophe", sagte etwa der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum. Einsparungen im Klinikbereich müssten zurückgenommen werden. Die Kassenärzte bekommen 2013 bis zu 1,27 Milliarden Euro mehr.

Mehrere Kassen wollen den Versicherten die Praxisgebühr zurückzahlen oder Prämien ausschütten. So müssten die Mitglieder der IKK gesund plus ab 1. Januar beim Arzt keine Praxisgebühr mehr zahlen, wie die Kasse mitteilte. Die KKH-Allianz will die Gebühr unter der Bedingung der Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen oder Sportprogrammen zurückzahlen. Die Techniker Krankenkasse hatte eine Prämienausschüttung angekündigt.