Bundesumweltminister bekennt sich dennoch zur Energiewende. Massive Kritik kommt aus der Opposition, von Umweltverbänden und der FDP

Berlin. Bundesumweltminister Peter Altmaier will der Förderung von Ökostrom neue Grenzen setzen, um die steigenden Kosten im Zaum zu halten. Als Bestandteil einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) schlug der CDU-Politiker vor, den Ausbau von Windenergie und Biomasse ähnlich wie bei der Solarenergie zu deckeln. Bei der Solarenergie war im Sommer beschlossen worden, dass die Förderung neuer Anlagen endet, wenn eine Leistung von 52 000 Megawatt erreicht ist. Das entspricht etwa dem Doppelten der bisher installierten Leistung. "Ich rege an, dass wir überlegen, dass wir eine ähnliche Übereinkunft im Bereich Biomasse und Windkraft herbeiführen können", sagte Altmaier.

Den Anteil des Ökostroms will er bis zum Jahr 2020 auf 40 Prozent statt bisher 35 Prozent erhöhen. Derzeit tragen Sonne, Wind, Wasser und Biomasse 25 Prozent zur Stromversorgung bei. Mit einer Reform noch vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 ist aber nicht zu rechnen. Altmaier strebt für die Neuordnung des EEG einen breiten politischen und gesellschaftlichen Dialog an. Erst nach Abschluss der Diskussionsreihe, der für Ende Mai 2013 geplant ist, werde ein Gesetzentwurf ausgearbeitet.

Vor allem der Ausbau der Solarenergie hatte sich dank üppiger Subventionierung rasant beschleunigt. Die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms wird daher 2013 vermutlich drastisch von 3,6 Cent auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde steigen. Bekannt gegeben werden die Zahlen offiziell am Montag. Bezahlt wird dies überwiegend vom Privatverbraucher, da für die Industrie Ausnahmen gelten. Altmaier plädierte für eine grundlegende Reform, die nötig sei, weil es beim bisherigen EEG an Steuerungsmöglichkeiten fehle. Er bekannte sich aber zur Energiewende: "Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Energiewende richtig ist." Altmaier will dabei auch prinzipiell Kostensteigerungen in Kauf nehmen, diese aber in Grenzen halten. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben ist", sagte er.

Auf den Minister hagelte Kritik aus der Opposition und von Verbänden - ebenso von der FDP. "Ich halte diesen konsensorientierten Dialogprozess, wie ihn Altmaier vorschlägt, bei der EEG-Reform für falsch", sagte Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner dem Abendblatt. "Damit verschieben wir die Beantwortung dieser wichtigen Frage bis zum Sanktnimmerleinstag." Es müsse ein fester Entschluss her, wie es weitergehen soll. Dass Altmaier keinen konkreten Lösungsvorschlag und kein Konzept parat habe, "zeigt, dass er mit dieser Aufgabe derzeit überfordert ist", so Birkner. "Die FDP hat eine kurzfristige Senkung der Stromsteuer vorgeschlagen und würde darüber auch gern mit dem Bundesumweltminister diskutieren. Doch dieser Frage weicht er komplett aus."

Greenpeace, Grüne und SPD kritisierten, nicht der Ausbau der erneuerbaren Energie treibe den Strompreis in die Höhe. Schuld sei die Befreiung weiter Teile der Industrie von den Förderkosten. Altmaiers Vorschlag lasse Klimaziele und Ressourcenunabhängigkeit außer Acht und "gefährde einen ganzen Wirtschaftszweig mit fast 400 000 Arbeitsplätzen", sagte der Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell. Der Bund für Umwelt und Naturschutz warf Altmaier vor, er lasse "sich von einer aufgebauschten Kostendebatte treiben".

Der DGB fordert Altmaier auf, die Interessen von Unternehmen und Arbeitnehmern zu berücksichtigen. "Potenzielle Investoren nehmen Geld nur in die Hand, wenn es klare gesetzliche und ökonomische Rahmenbedingungen gibt. Ständige Verunsicherung und Gesetzesnovellen im Hauruck-Verfahren helfen nicht", sagte DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel. Er warnte insbesondere davor, einen Gegensatz zwischen Industrie- und Haushaltsstrom aufzubauen. Energieintensive Industrien müssten weiter entlastet werden, um Arbeitsplätze zu sichern.