Was Opposition und Koalition der Kanzlerin vor ihrer heiklen Mission im hoch verschuldeten Griechenland raten. Morgen beginnt die Reise.

Berlin/Athen. Vor der morgigen Griechenlandreise von Angela Merkel (CDU) haben Politiker von SPD und Grünen die Bundeskanzlerin vor Überheblichkeit gewarnt. Europaparlamentspräsident Martin Schulz (SPD) ermahnte sie, nicht als "reicher Onkel" in Athen aufzutreten. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte Merkel auf, den Griechen deutlich zu machen, "dass sie auf dem harten, vor ihnen liegenden Weg auf die europäische Solidarität zählen können".

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte die Reise als Routinebesuch dargestellt, der aber selbstverständlich unter dem Eindruck der sehr schwierigen Situation des Landes stehe. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einem "Akt der Anerkennung für die griechische Regierung, die mit ihrer Reformpolitik unter großem Druck steht". Die Griechen hätten Fairness und Respekt verdient, mahnte er in der "Bild"-Zeitung". FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle wertete in der "Welt am Sonntag" Merkels Reise als ein "Zeichen unserer Solidarität mit Griechenland". Er fügte aber hinzu, es gebe "ein klares Instrumentarium mit festen Regeln für unsere Hilfestellung". Diese Regeln müssten von allen Vertragspartnern eingehalten werden, "auch von unseren griechischen Freunden".

Die finanzielle Lage Griechenlands verschärft sich derweil offenbar weiter. Das langfristige Schuldenproblem des Landes ist einem Medienbericht zufolge größer als bislang bekannt. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht derweil keine Möglichkeit, Griechenland weiter entgegenzukommen. Nach Informationen der "Welt am Sonntag" aus Verhandlungskreisen läuft Griechenland auf einen Schuldenstand von 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu. Die ursprüngliche Vorgabe von 120 Prozent in den nächsten acht Jahren ist Voraussetzung für das zweite Hilfsprogramm. Offen sei, wie Athen und die Troika der Schuldenkontrolleure aus Europäischer Zentralbank (EZB), EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) darauf reagieren. Deren Bericht ist noch nicht fertig. Der griechische Regierungschef Antonis Samaras, den Merkel am Dienstag in Athen trifft, hat bereits um finanzielle Erleichterungen für sein Land gebeten und in dramatischen Worten vor den Folgen einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage seines Landes gewarnt.

Von der Europäischen Zentralbank (EZB) kann Athen jedoch kein weiteres Entgegenkommen erwarten. "Wir können weder die Laufzeiten für griechische Anleihen verlängern noch die Zinsen senken", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen der "Bild am Sonntag". Beides wäre eine Form von Schuldenerlass und damit eine direkte Finanzierung des griechischen Staates. "Das aber ist der EZB rechtlich nicht erlaubt", sagte Asmussen. Seine klare Präferenz sei, dass Griechenland im Euro bleibe. Aber der Schlüssel dafür liege in Athen. Die Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Hilfstranche an Griechenland sei, dass das Haushaltsloch für 2013/2014 geschlossen werde und umfangreiche Strukturreformen durchgeführt werden.

Der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, warnte derweil vor weiteren Diskussionen über ein mögliches Ausscheiden Athens aus dem Euro: "Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion wäre die teuerste aller denkbaren Lösungen", sagte er der "Rheinischen Post". Seine größte Sorge sei, "dass einige Krisenländer nicht die politische Kraft haben, den schmerzhaften, aber wirksamen Reformkurs bis zum Ende durchzuhalten. Das wäre eine Katastrophe."