160 000 Betreuungsplätze fehlen weiterhin. Der Bund gibt mehr Geld - und verlangt, dass die Länder es auch ausgeben

Berlin. Drei Monate hatte Kristina Schröder (CDU) den Bundesländern Zeit gegeben. Bis Ende September hätten diese mindestens 90 Prozent der bereitgestellten Bundesmittel für den Ausbau von Kita-Plätzen abzurufen, verkündete die Bundesfamilienministerin Ende Juni in der "Welt am Sonntag". Am Sonnabend lief dieses Ultimatum ab. Schröder ist mit der Bilanz zufrieden. Waren im Juni nach Angaben des Bundesfamilienministeriums noch acht Bundesländer unter der 90-Prozent-Quote, so waren es Mitte September nur noch Bremen und Sachsen.

Bremen bestätigt dies, das liege aber nicht am fehlenden Willen. Der größte freie Träger, die Bremische Evangelische Kirche, habe einen Teil der Mittel noch nicht abgerufen, sagt Bernd Schneider, Sprecher der grünen Sozialsenatorin Anja Stahmann. Sachsen hat bislang nur 85,7 Prozent der Bundesmittel in Anspruch genommen. Im zuständigen Kultusministerium verweist man auf die Rahmenbedingungen und betont: "Wir denken, dass wir bis zum Jahresende 95 Prozent der Mittel abgerufen haben werden", sagte ein Sprecherin des Kultusministeriums.

Hintergrund des Schröder-Ultimatums ist der Zeitdruck, der beim Kita-Ausbau auf Bund und Ländern lastet. Bis 1. August 2013 müssten bundesweit 780 000 zusätzliche Plätze für unter Dreijährige in Kindertagesstätten oder bei Tageseltern geschaffen werden. Ab diesem Termin haben Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Momentan fehlen noch rund 160 000 Kita-Plätze.

Mit wachsender Verärgerung hatte Schröder festgestellt, dass die Länder die Investitionsmittel nicht vollständig nutzten. Die betroffenen Länder reagierten wiederum empört auf das Ultimatum. Doch Schröder zeigt sich unbeeindruckt und legt mit einem neuen Ultimatum nach. Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett beschlossen, weitere 580,5 Millionen Euro für den Kita-Ausbau zur Verfügung zu stellen. Das neue Paket ist Teil eines Deals. Im Gegenzug hatten die Bundesländer dem Fiskalpakt zugestimmt.

Doch auch diesmal droht Schröder, das Geld anderweitig zu vergeben, wenn die Länder bis zum 31. Dezember 2012 ihre bisherigen "alten" Bundesgelder-Anteile nicht zu 95 Prozent abrufen. Verfehlt ein Land diese Marke, sollen die ihm zustehenden neuen Gelder an andere verteilt werden. "Wir helfen den Ländern gern bei der Finanzierung dieser Herkules-Aufgabe, aber wir müssen auch Druck machen, damit aus den Geldern schneller Kita-Plätze werden", sagte Schröder der "Welt". "Mit den neuen Regeln belohnen wir die Länder, die zügig arbeiten und genug eigenes Geld in die Hand nehmen, und machen gleichzeitig Druck auf die Länder, die zu lange geschlafen haben."

Ab 31. Januar müssen die Länder jeden Monat Bericht erstatten - über die Anzahl der geplanten, der bewilligten und der neu eingerichteten zusätzlichen Betreuungsplätze. Zudem sollen sie auflisten, wie viele Bundes-, Landes- und Kommunalmittel dafür verwendet wurden. Schröder weiß, dass in der Öffentlichkeit auch sie dafür verantwortlich gemacht werden wird, wenn im Herbst 2013 Kita-Plätze fehlen.