Schwarz-Gelb will künftig zulassen, dass Smartphones und ähnliche Geräte vor Radarfallen warnen können. Die Polizei ist strikt dagegen.

Berlin. Verkehrspolitiker von Union und FDP wollen bisher verbotene Warngeräte erlauben, die auf Radarfallen aufmerksam machen. Navigationssysteme oder Handy-Apps sollen künftig verraten dürfen, wo Autofahrer mit Blitzern rechnen müssen, berichtete die „Saarbrücker Zeitung“. Dafür soll der Bundestag die Straßenverkehrsordnung so ändern, das besonders an Gefahrenpunkten, wo zur Unfallvermeidung Radaranlagen installiert werden, Hinweise durch „Navis“ möglich werden. Bislang ist das in Deutschland verboten und kann mit 75 Euro Bußgeld und vier Punkten in der Flensburg-Kartei geahndet werden.

Union und FDP wollen einen entsprechenden Antrag in den Bundestag einbringen. Bisher liegt nur eine Grobfassung vor. Die Grünen und die Chefs der großen Polizeigewerkschaften kritisierten die Pläne scharf. Die Regelung könne jedoch zur Verkehrssicherheit beitragen, weil rechtzeitig die Geschwindigkeit gedrosselt werden würde, lautet die Argumentation.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will ein Aufweichen des Warnverbots davon abhängig machen, ob dies tatsächlich mehr Verkehrssicherheit bringen würde. „Wenn man das Warnen vor Geschwindigkeitsmessung vollkommen freigibt, ist das im Grunde genommen eine Erleichterung für solche, die bewusst Regeln übertreten wollen, die nicht erwischt werden wollen“, sagte er in Berlin. Wenn aus dem Bundestag eine solche Initiative kommen sollte, werde das Bundesverkehrsministerium sich damit konkret beschäftigen.

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic sagte: „Die verbotene Benutzung von Navigationsprogrammen mit Radarwarnern ist oft schon Praxis und wird auch selten geahndet.“ Daher solle erlauben werden, was technisch möglich und sinnvoll ist, damit die Fahrer auch wirklich angepasst fahren. „Was über Radio gesagt wird, soll auch über Handy oder Navi zu erfahren sein.“

Der CDU-Verkehrsexperte Thomas Jarzombek sagte der „Saarbrücker Zeitung“: „Wir wollen zwischen Verkehrssicherheit und Abzocke eine Grenze ziehen.“ Sogenannte Starenkästen – Boxen mit Blitzautomaten - seien oft an Unfallschwerpunkten installiert. „Da ist es sinnvoll, wenn möglichst viele Menschen, auch Ortsunkundige, auf diese Gefahrenstelle hingewiesen werden.“

Der Vorsitzende der Deutschen Polizei-Gewerkschaft, Rainer Wendt, hält ein Aufweichen des Verbots von Radarfallen-Warnern für eine fatale Idee. „Dieser Vorschlag konterkariert nun wirklich alle Bemühungen von Polizei und Kommunen, die Geschwindigkeit im Straßenverkehr flächendeckend abzusenken, um die Zahl der Unfalltoten und Schwerverletzten im Verkehr abzusenken“, sagte Wendt.

Auch bei der Gewerkschaft der Polizei sorgt der Plan für Kritik. Es werde immer Unfallschwerpunkte geben, an denen geblitzt werden müsse, „und die sollten aus meiner Sicht auch nicht angekündigt werden“, sagte der Vorsitzende Bernhard Witthaut im ZDF. Außerdem seien Radarkontrollen bei Anwohnern sowieso bekannt, wenn sie oft auf der gleichen Strecke unterwegs seien.

Auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) warnte vor Änderungen: „Unangekündigte Geschwindigkeitsüberwachung ist notwendig, weil etliche Autofahrer Tempolimits gezielt missachten“, sagte Hermann. „Wer Warngeräte zulassen will, macht sich zum Komplizen der Regelverletzer.“ Das sei keine verantwortungsvolle Verkehrspolitik.

Der ADAC begrüßte hingegen den Vorstoß aus Reihen von Union und FDP. „Diese geplante Legalisierung der Blitzerwarner vor stationären Messstellen an Unfallschwerpunkten stellt eine Anpassung des Rechts an die Realität dar, da de facto bisher keine Anzeigen und Bußgelder aktenkundig sind“, sagte der Leiter Verkehrsrecht, Markus Schäpe. Er forderte, zusätzlich mit Schildern darauf hinzuweisen.

Der Verkehrsclub ACE mahnte zu einer sorgfältigen Prüfung. Gefragt sei die Expertise von Polizei, Verkehrspsychologen, Verkehrsrechts- und Unfallverhütungsexperten. An sich hätten sich Radarmessungen seit mehr als 50 Jahren bewährt. Wer in eine solche Falle tappe, erscheine zunächst als Opfer, was aber die Tatsachen verneble. Denn Verkehrsvergehen müssten ermittelt und geahndet werden. „Andernfalls müsste man daran zweifeln, ob es Staat und Gesellschaft wirklich ernst meinen, wenn es um die Gewährleistung des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit geht“, erklärte der Verein.

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) sagte den Zeitungen der „WAZ“-Mediengruppe (Donnerstagausgaben): „Mir geht es darum, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Wenn Autofahrer wegen einer Blitzer-App auf ihrem Smartphone an möglichen Gefahrenstellen langsamer und aufmerksamer fahren, dann kann ich das nur begrüßen.“