Berlin. Die Ermittlungspannen bei der Neonazi-Mordserie verschärfen den Streit in der schwarz-gelben Koalition über den Umgang mit den Geheimdiensten. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wies die Forderung von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zurück, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) abzuschaffen. "Was ich gar nicht mag, sind öffentliche Ratschläge von Kabinettskolleginnen, die nicht zuständig sind." FDP-Chef Philipp Rösler verwahrte sich gegen diese Kritik und stellte sich hinter die Ministerin. Unter Druck geriet auch Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), dem vorgeworfen wird, Informationen über das Neonazi-Trio nicht weitergegeben zu haben.

Der MAD war in die Kritik geraten, weil er eine Akte über den Neonazi Uwe Mundlos geführt hatte, der Untersuchungsausschuss des Bundestags aber nicht darüber informiert wurde. Der Ausschuss soll aufklären, wieso die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) über zehn Jahre unentdeckt blieben und zehn Menschen töten konnten. Nach bisherigen Erkenntnissen gehörten dem NSU neben Mundlos auch Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe an. Letztere ist in Haft, Mundlos und Böhnhardt haben sich das Leben genommen.

Verteidigungsminister de Maizière sagte der "Frankfurter Rundschau", der MAD sei für die Sicherheit deutscher Soldaten im Ausland wichtig. Der Minister will den Dienst lediglich reformieren. Die militärische Spionageabwehr soll umstrukturiert und verkleinert werden. Die FDP-Ministerin wiederholte ihre Forderung, den MAD aufzulösen und seine Zuständigkeiten auf den Verfassungsschutz zu übertragen. Rösler sagte dazu: "Die FDP hält den MAD für überholt und eine Abschaffung deshalb für folgerichtig." Hier habe die Justizministerin genau das Richtige gefordert.

Am Wochenende wurden Details weiterer Ermittlungspannen bekannt. Die "Welt am Sonntag" und "Der Spiegel" berichteten, das Berliner Landeskriminalamt habe 2002 und 2005 fünf Hinweise eines Informanten über den Aufenthaltsort des NSU-Trios erhalten. Innensenator Henkel habe dies seit März gewusst, aber den Untersuchungsausschuss des Bundestages nicht informiert. Dessen Vorsitzender Sebastian Edathy (SPD) erhob schwere Vorwürfe gegen Henkel. Dass dieses verschwiegen worden sei, könne nur absichtlich geschehen sein.