Hamburg/Berlin. Deutschlands Praxisärzte haben gestern ihre Protestaktionen gegen die nach ihrer Ansicht zu niedrige Honorarsteigerung von 0,9 Prozent begonnen. Zunächst wollten die Mediziner mit "Nadelstichen" gegen die gesetzlichen Krankenkassen arbeiten, deren Anfragen nicht oder nur nach 20 Uhr beantworten und keine Bonushefte mehr ausfüllen. "Auch die Hamburger Ärzte sind wütend, es brodelt", sagte Dr. Stephan Hofmeister, Vize-Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Die KV selbst ruft nicht zu Streiks auf. Allerdings wollen morgen auch in Hamburg Ärzte ihren Mitarbeitern freigeben.

Mit der Aktion "Ein Arzt allein macht noch keine Praxis" wollen die Mediziner auf die Kosten für die Behandlung aufmerksam machen. Der Hamburger HNO-Arzt und Chef des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, sagte: "Damit zeigen wir den Menschen, was eine ärztliche Leistung eigentlich wert ist und wie die Kassenpropaganda das zu verschleiern versucht." Hofmeister betonte, dass die Hamburger Ärzte den Patienten sicher nicht wehtun wollten. Bei den Gesprächen über die regionale Honorarverteilung im Oktober wolle man die Krankenkassen zum Einlenken bewegen. Gelinge das nicht, könnten im Spätherbst tatsächlich kurzzeitige Praxisschließungen die Folge sein.

Heinrich sagte, schon die Aktionen gegen die Kassenbürokratie werde Wirkung zeigen. "Dies trifft die Kassen empfindlich, verschicken sie doch jährlich rund sechs Millionen dieser Schreiben. In der Summe müssen Niedergelassene dafür nahezu eine Million Arbeitsstunden zusätzlich aufwenden. Das ist Zeit, die wir nun mehr für die Behandlung unserer Patienten haben."

Der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen wirft den Ärzten vor, den Streit auf dem Rücken der Patienten auszutragen.