Berlin. Die Bundesländer lehnen das umstrittene Meldegesetz einmütig ab. Der Bundesratsinnenausschuss sprach sich gestern mit den Stimmen aller Länder dafür aus, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen, um das Gesetz neu zu verhandeln. "Staatliche Melderegister dürfen keine Grabbeltische der Werbewirtschaft und Adresshändler sein", erklärte der schleswig-holsteinische Innenminister Andreas Breitner als Vorsitzender des Bundesratsinnenausschusses in Berlin. Er nahm am Rande der Ausschusssitzung Protestunterschriften der Initiative "Meine Daten sind keine Ware" entgegen. Nach Angaben des Bündnisses wurden mehr als 189 000 Unterschriften gesammelt.
Der vom Bundestag mit schwarz-gelber Mehrheit beschlossene Gesetzentwurf war heftig kritisiert worden, da er die Behörden nicht verpflichtet, bei der Weitergabe von Meldedaten die Erlaubnis der Bürger einzuholen. Die Bürger müssten daher selbst aktiv werden, um ihre Daten zu schützen. Die Widerspruchslösung war erst kurz vor Verabschiedung in das Gesetz gelangt. Nach dem ursprünglichen Entwurf war eine Einwilligung der Bürger notwendig.
Von den Abgeordneten wurde die Änderung offenbar nicht bemerkt. Die Verabschiedung im Bundestag erfolgte am Abend des 28. Juni, als nur wenige Abgeordnete im Plenum saßen. Eine Debatte gab es nicht, die Reden wurden zu Protokoll gegeben. Zu dem Zeitpunkt hatte gerade das EM-Halbfinalspiel Deutschland gegen Italien begonnen. Wenige Tage später ging die Bundesregierung auf Distanz zu dem verabschiedeten Entwurf.
Nach Angaben der Piratenpartei sind für den 20. September in 29 Städten Aktionen geplant, bei denen Bürger in Meldeämtern Widerspruch gegen die Datenweitergabe einlegen. "Es kann nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sein, dass hoheitlich geführte Melderegister als Datenquelle für Adresshandel, Parteien und Werbeindustrie zur Verfügung stehen", sagte Parteivize Markus Barenhoff.
(rtr/dapd)