29 Millionen Deutsche fahren bereits regelmäßig mit dem Rad. Das Kabinett möchte den Anteil weiter steigern. Die Grünen sprechen von Symbolpolitik.

Berlin. Die Bundesregierung will mit einer "Agenda 2020“ mehr Deutsche zum Umsteigen auf das Fahrrad bewegen – ohne dafür allerdings mehr Geld bereitzustellen. Zugleich prüft sie härtere Strafen gegen sogenannte Kampfradler. Das Bundeskabinett beschloss dazu am Mittwoch einen neuen nationalen Radverkehrsplan. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) strebt bis 2020 gemessen an den zurückgelegten Wegen eine Steigerung des Radanteils von 10 auf 15 Prozent an. Zusammen mit den Kommunen soll die Infrastruktur für Fahrradfahrer verbessert und die Verkehrssicherheit erhöht werden.

Die Grünen und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sprachen von einem ambitionierten Plan, der den Realitätstest mangels Geld nicht bestehe. Von einst 100 Millionen Euro waren die Bundesmittel für den Radverkehr auf 76 Millionen in diesem Jahr gekürzt worden, im Entwurf für den Bundeshaushalt 2013 sind bisher 60 Millionen Euro eingeplant.

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Der Radverkehrsplan nennt keine konkreten Bauvorhaben für Radwege. "Knapp die Hälfte des Bundesstraßennetzes ist heute bereits mit begleiteten Radwegen ausgestattet“, betonte Ramsauer in Berlin. "Man kann aber auch mit relativ geringen Mitteln, etwa mit Abmarkierungen, schon viel bewirken, um dem Radverkehr sein eigenes Netz zu geben.“ Der Bund könne zudem keinen kommunalen Radwegebau mitfinanzieren. Wichtig sei eine stärkere Entflechtung zwischen Auto- und Radverkehr.

Ramsauer strebt insgesamt mehr Sicherheit an – 2011 trugen nur elf Prozent aller Radler einen Helm. Zudem soll die "Rücksichtkampagne“ verstärkt werden. Sie richtet sich an Autofahrer, die nicht auf Radwegen parken sollen, und an Radfahrer, die auf Fußgänger Rücksicht nehmen sollen. Zu den Maßnahmen gehört aber auch, dass Ramsauer härtere Strafen gegen Radler prüft, die Regeln oft missachten. Die Bußgelder für Verstöße sind bisher niedriger als für Autofahrer. Zugleich sollen auch neue Strafen für Autofahrer geprüft werden, die zum Beispiel Radwege blockieren, heißt es in dem Radverkehrsplan.

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Bei der strafbaren Alkoholgrenze von 1,6 Promille soll es vorerst bleiben. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) fordert hingegen als neuen Gefahrengrenzwert 1,1 Promille. Ab diesem Wert sollten Bußgelder verhängt werden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte mehr Mittel, um die Vergehen von Radfahrern besser ahnden zu können. Vor dem Hintergrund einer stark ausgedünnten polizeilichen Verkehrsüberwachung erscheine Ramsauers Vorstoß, Kampfradler mit härteren Strafen oder höheren Bußgeldern zu drohen, eher hilflos.

Das neue Konzept des Bundes knüpft an den Ende 2012 auslaufenden bisherigen Radverkehrsplan an. Angesichts hoher Spritkosten und einer Zunahme von Elektrorädern, sogenannter Pedelecs, steigt die Zahl der Radfahrer seit Jahren bundesweit rasant an. Derzeit gibt es etwa 70 Millionen Fahrräder in Deutschland. 29 Millionen Deutsche fahren nach Angaben des ADFC regelmäßig damit.

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), warf Ramsauer mangelnden Einsatz vor. "Die Anstrengungen des Ministers sind nicht ausreichend“, sagte Hofreiter. In dem Plan ständen viele interessante Dinge, aber wie so oft bei Ramsauer gebe es eine große Lücke zwischen Worten und Umsetzung. Der Realitätstest seien die bereitstehenden Mittel im Haushalt – und die seien für den Radwegebau gekürzt worden.

Auch der VCD-Fahrradexperte Wasilis von Rauch kritisierte: "Statt die finanziellen Mittel zu erhöhen, wird im Bundeshaushalt der Etat massiv gekürzt“. Die Verantwortung werde auf die Kommunen geschoben. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club lobte hingegen, dass sich die Bundesregierung des Themas Radfahren stärker annehmen wolle. "Bei Strecken unter acht Kilometern ist das Rad unschlagbar, man kommt am schnellsten von A nach B“, sagte Sprecherin Bettina Cibulski.