München. Es ist eine Mischung aus Vorlesung und kurzweiliger Unterhaltung, die Helmut Schmidt bietet. Im Volkstheater München spricht der Altkanzler, befragt von Münchens Oberbürgermeister und Ministerpräsidentkandidaten Christian Ude (SPD), über den Euro, Franz Josef Strauß und das Duzen. Mit "Herr Bundeskanzler" spricht Ude Schmidt protokollarisch korrekt an - und fragt, weshalb er eigentlich so wenig halte von dem in der SPD üblichen Duzen. Schmidt kontert kühl: Er habe erlebt, "wie feindlich Genossen miteinander umgehen können". Fast drei Jahrzehnte nach dem Ende seiner Kanzlerschaft ist Schmidt hoch populär - mancher würde gar heute noch gerne von dem 93-Jährigen regiert. "Es schmeichelt", kommentiert er, "aber es ist nicht wichtig."

Schmidt zeigt seine Achtung für die früheren bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel und Franz Josef Strauß. Goppel habe Schmidt zum Ende von dessen Kanzlerschaft eine silberne Schnupftabakdose geschickt. "Eine wunderbare Geste", Goppel sei ein "wunderbarer Kerl" gewesen.

Ambivalent nennt Schmidt sein Verhältnis zu Strauß, der 1980 erfolglos versuchte ihn aus dem Kanzleramt zu vertreiben. "Strauß pflegte durch den Garten des Bundespräsidenten zu mir zu kommen", erinnert Schmidt an selige Bonner Zeiten, "und kein Journalist hat es gemerkt." Bei jenen Treffen habe er, Schmidt, Strauß dann begrüßt mit den Worten "Na, Sie alter Gauner!" Woraufhin Strauß erwiderte: "Na, Sie alter Lump!" Strauß sei ein "Kraftwerk ohne Sicherung" gewesen, aber eben ein "Kraftwerk". Schmidt bekennt: "Er hat manchen Blödsinn erzählt. Aber ich habe auch Dummheiten erzählt."

Einmal während des Abends nimmt Schmidt seine Kraft zusammen und spendet Beifall, als nämlich die einstige FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher begrüßt wird. Sie hatte 1982 gegen den Koalitionswechsel der FDP von der SPD zur CDU/CSU gestimmt. Mit einer "fabelhaften Rede", wie Schmidt ihr noch heute diagnostiziert.

Schmidt lobt Helmut Kohl, tadelt ihn aber auch. Kohls "geistig-moralische Wende" von 1982 sei so zu werten: "Herr Kohl hat selber geglaubt, was er erzählt hat. Er hatte aber keine bessere Moral." Und als es um den Euro geht, da verweist Schmidt darauf, dieser sei stabiler, als die D-Mark es jemals war.