Aus Solidarität verbringt er seinen Urlaub auf Kos und rügt deutsche Politiker

Athen. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat gefordert, die öffentliche Beschimpfung Griechenlands im Zusammenhang mit der Schuldenkrise einzustellen. Dies sei der europäischen Idee nicht dienlich und werde dem Euro nicht helfen, sagte Schröder gestern im staatlichen griechischen Fernsehen (NET). "Vor allen Dingen wünsche ich mir, dass das, was ich Griechenland-Bashing nenne, aufhört", sagte Schröder auf der Insel Kos, wo er seinen Urlaub verbrachte. Er bezog sich auf Äußerungen aus der CSU und von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Rösler hatte vor Kurzem gesagt, ein Euro-Austritt Griechenlands habe "längst seinen Schrecken verloren".

Schröder sagte, er habe sich bewusst entschieden, wegen der Finanzkrise und aus Solidarität seinen Urlaub in Griechenland zu verbringen. "Hier gibt es fleißige Menschen, die mit ihrer Arbeit ihre Familien durchbringen, und die können nicht gleichgesetzt werden mit den Fehlentwicklungen, die es ohne Zweifel gegeben hat."

Der Altkanzler ging hart ins Gericht mit FDP und CSU. "Der deutsche Wirtschaftsminister versucht seinen Job als Vorsitzender seiner liberalen Partei mit dem Griechenland-Bashing zu retten", sagte Schröder über Rösler. Zudem gebe es Politiker in Bayern, "die glauben, sie können Landtagswahlen mit Griechenland-Bashing gewinnen". Dies sei in beiden Fällen falsch.

Athen müsse mehr Zeit gegeben werden. "Wenn nun festgestellt wird, Griechenland macht seine Reformen, es erneuert sich, dann müsste man Athen Zeit geben, um die Lasten gerecht verteilen zu können", sagte Schröder. Der Ex-Kanzler äußerte sich optimistisch, dass der Euro gerettet werden kann. "Ich bin mir ziemlich sicher. Ich hoffe und erwarte, dass Griechenland dabei bleibt. Es wird nicht einfach sein." Das Bruttosozialprodukt Griechenlands mache nur drei Prozent der EU aus. "Das müsste mit Solidarität und Gemeinsamkeit zu schaffen sein", sagte Schröder. Europa dürfe nicht nur nach Marktgesetzen funktionieren.

Griechenland will unterdessen wegen der schwachen Verfassung seiner Wirtschaft sein Sparprogramm strecken. Das mit internationalen Kreditgebern und der Europäischen Zentralbank (EZB) vereinbarte Programm will Ministerpräsident Antonis Samaras erst bis 2016 umsetzen, berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf ein ihr vorliegendes internes Dokument. Bisher sehen die Vereinbarungen vor, dass die Ausgaben der griechischen Regierung bis 2014 um 11,5 Milliarden Euro reduziert werden.

Neben der zeitlichen Streckung wollen die Griechen auch über den Umfang diskutieren, hieß es weiter in dem Bericht. Samaras wolle die neuen Pläne in der kommenden Woche bei Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten François Hollande vorstellen. Mehrere EU-Spitzenpolitiker hatten in den vergangenen Wochen bereits angedeutet, dass Athen mehr Zeit eingeräumt werden könnte. Allerdings soll es inhaltlich beim Sparprogramm keine substanziellen Zugeständnisse geben.