Ein Bericht amtlicher Prüfer weist alle fünf Jahre teils haarsträubende Fälle bei dne Krankenkassen nach. Behörde spricht von “Einzelfällen“.

Berlin. Die Prüfer bleiben im Verborgenen. Doch wenn die Abteilung K hinter der unscheinbaren Fassade des Bonner Bundesversicherungsamts ihre Erkenntnisse zusammenträgt, ergibt sich ein aufschlussreiches Bild. Mindestens alle fünf Jahre haben die 135 Mitarbeiter laut Gesetz die Geschäfte der gesetzlichen Krankenkassen zu überprüfen - der jüngste Tätigkeitsbericht zeigt: Im Dickicht des deutschen Gesundheitswesens bleibt die Weste der Kassenmanager nicht immer rein.

Beispiel Auftragsvergabe: Eine Kasse ließ ihre Räume umfangreich sanieren. Sie beauftragte einen Elektrotechnikmeister - doch ließ sie auch Sanitär- und Malerarbeiten machen, für die der Mann gar nicht zugelassen war. Dafür gehörte er dem Verwaltungsrat der Kasse an. Ergebnis: Beide Seiten müssen wegen der Ordnungswidrigkeit mit bis zu 50 000 Euro Bußgeld rechnen.

Beispiel Büromiete: Für den Hauptsitz mietete eine Kasse 4152 Quadratmeter hochwertige Bürofläche an - und ließ das meiste davon leer stehen. Von 117 Arbeitsplätzen waren nur 40 belegt. Doch es kam noch dicker, wie die Prüfer feststellten: "Eine nachträglich zusätzlich angemietete Etage mit einer Größe von 633 Quadratmetern steht im Rohbau und unausgebaut leer." Gesamtkosten bei zehnjähriger Frist für den Mietvertrag: 13 Millionen Euro. Die Kasse ist inzwischen per Fusion in einer anderen Versicherung aufgegangen.

Beispiel Detektei: Die Kassen sind stets Betrügereien auf der Spur. Weil ein Arbeitgeber eine Kasse darauf hinwies, dass eine entlassene und arbeitsunfähige Mitarbeiterin freiberuflich gearbeitet habe, ließ die Versicherung die Frau von Detektiven observieren. Die Kosten standen in keinem Verhältnis zu möglichen Einsparungen.

Was ist los bei den Krankenkassen, die gerne öffentlich vor drohenden Finanzlöchern warnen und Ärzten und Kliniken teure Behandlungen vorhalten? Ist die viel zitierte Korruption im Gesundheitswesen nicht nur ein Problem bei Pharmavertretern, Ärzten, Apothekern? "Es sind Einzelfälle", sagt der Sprecher der Bonner Behörde, Tobias Schmidt. Tatsächlich machen die Unregelmäßigkeiten bei Gesamtausgaben von 180 Milliarden Euro im Jahr nur einen Bruchteil aus. Doch die Abteilung K und weitere Abteilungen im Bundesversicherungsamt stießen auch auf Probleme im System.

Stichwort: Codierung. Hierbei ordnen Ärzte und Kliniken den Patienten Diagnosen aus einer Liste zu. Bei 80 bestimmten Krankheiten winken der jeweiligen Kasse Zuschläge aus dem Gesundheitsfonds. Mehrere Kassen traten aber an Ärzte und Kliniken heran, um nachträglich lukrativere Diagnosen als ursprünglich angegebene zu erreichen. Eine Kasse forderte einen Arzt sogar auf, ihr Diagnosen direkt zu melden - ohne den Weg über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung. Datenschutzrechtlich ist das aber gar nicht zulässig.