Hamburg/Nürnberg. Bisher diskutiert die Öffentlichkeit nur den Einsatz von V-Leuten in Rockergruppen oder der Neonazi-Szene. Doch die Debatte um die Arbeit der Sicherheitskräfte ist um einen Fall reicher, der bisher nur in Teilen der Fußball-Fanszene Aufsehen erregt. In Nürnberg soll ein Kontaktmann des Verfassungsschutzes versucht haben, einen Fan der Gruppe "Nürnberg Ultras 94" anzuwerben. Das geht aus Recherchen von "Spiegel-Online" hervor, die sich auf eine Mitteilung der Fanorganisation Rot-Schwarzen-Hilfe (RSH) berufen. Der Ultra-Fan sei von einem Mann an einer Imbissbude angesprochen worden. Er soll dem Fan einen Job angeboten haben, zeigte den Ausweis des bayerischen Innenministeriums und verlangte im Gegenzug Informationen aus der Ultra-Szene.

Weder Innenministerium noch Polizei wollten sich zu dem Fall äußern. Für das Bündnis "Pro Fans" ist der Fall Beleg für "gezielte Aktionen" der Sicherheitsbehörden, um an Informationen aus der Fanszene zu kommen.

Zuletzt gerieten Fans durch die Forderung zur Legalisierung von Pyrotechnik und Ausschreitungen bei Spielen häufiger in den öffentlichen Fokus. Polizeigewerkschaften und Fußballverbände sehen darin eine "neue Stufe der Eskalation" und ein "zunehmendes Gewaltpotenzial" unter Fans. Fanvertreter äußern dagegen Sorgen vor einer Kriminalisierung und einer pauschalen Bestrafung der Zuschauer. Auch das Verhältnis zwischen Fans des FC St. Pauli und der Polizei ist seit dem harten Einsatz von Beamten im Fanlokal "Jolly Roger" 2009 und Ausschreitungen beim Schweinske-Cup im Winter angespannt. Der Verfassungsschutz äußerte sich nicht zum Einsatz von V-Leuten in Fankurven. Man registriere "die Entwicklungen gewalttätiger oder rassistischer Gruppierungen" bei Sportereignissen, sagte der Vizeleiter der Hamburger Behörde, Torsten Voß, dem Abendblatt. Gleichzeitig gibt er Entwarnung: Gezielte Versuche, Sportvereine zu unterwandern oder zu beeinflussen, seien aktuell nicht bekannt.