Der in Bochum lebende Salafist und Ex-Leibwächter von Bin Laden konnte unbehelligt in Deutschland agieren. Empörung bei Politikern und Polizisten.

Düsseldorf. Der Fall des Ex-Leibwächters von Osama Bin Laden, der unbehelligt in Bochum lebt, hat Empörung bei Politikern und Polizisten ausgelöst. Der Vizechef der CDU im Düsseldorfer Landtag, Peter Biesenbach, forderte gestern eine zügige und umfassende Aufklärung, warum ein "gefährlicher Salafist mit militärischer Ausbildung" offenbar jahrelang in Bochum schalten und walten könne. "Er erteilt in Moscheen Religionsunterricht und wirkt daran mit, junge Menschen mit extremistischem Gedankengut zu radikalisieren. Erst jetzt erfahren Parlament und die Bevölkerung davon", sagte Biesenbach. Der CDU-Politiker forderte ein "offensives Handeln der zuständigen Sicherheitsbehörden".

Auch die Polizeigewerkschaft zeigte sich empört. Es treibe jedem anständigen Staatsbürger zu Recht die Zornesröte ins Gesicht, dass erkannte Hassprediger auf Kosten der Steuerzahler jahrelang unter uns leben und ihr Unwesen treiben könnten, sagte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, dem "Handelsblatt". "Wie so oft erkennt die Justiz nicht, dass sie auch einen Schutzauftrag für die Bevölkerung hat und nicht ausschließlich für die Rechtspflege da ist." Die Anforderungen für eine Ausweisung seien oft zu hoch. Die Bundesanwaltschaft hatte bereits 2006 Ermittlungen gegen den 36-jährigen Tunesier Sami A. eingeleitet. Das Verfahren war aber ein Jahr später eingestellt worden. Der Tatverdacht habe nicht ausreichend erhärtet werden können.

+++ Empörung über Bin Ladens Ex-Leibwächter in Bochum +++

Ermittler halten Sami A. für "den Dreh- und Angelpunkt der islamistischen Terrorszene an der Ruhr". Das Bundeskriminalamt (BKA) hat seit geraumer Zeit "umfangreiche staatsschutzrelevante Erkenntnisse" über ihn. Auch der NRW-Verfassungsschutz will den früheren Angehörigen der Leibgarde Bin Ladens schon seit Jahren auf dem Schirm haben. "Wir kennen den", sagte ein Sprecher von Innenminister Ralf Jäger (SPD) der WAZ-Mediengruppe. Nach deren Recherchen ist Sami A. weltweit vernetzt. Er habe Bin Laden persönlich gekannt, dem führende Rollen bei den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA und dem Attentat auf die Synagoge in Djerba 2002 zugeschrieben wurden.

Eine Abschiebedrohung von Sami A. war 2006 aber vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen aufgehoben worden, weil der Mann eine eingebürgerte tunesischstämmige Ehefrau und mit ihr drei kleine Kinder mit deutschem Pass hat. Zudem gebe es auch keine rechtliche Möglichkeit, ihn nach Tunesien abzuschieben. Sami A. gehört der Glaubenrichtung der Salafisten an. Ziel von Salafisten ist nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes die vollständige Umgestaltung des Staates nach einem salafistischen Regelwerk, das als "gottgewollte" Ordnung angesehen wird. In letzter Konsequenz solle ein islamischer "Gottesstaat" errichtet werden, gibt der Verfassungsschutz an.