Unmittelbar vor dem FDP-Bundesparteitag am kommenden Wochenende zeigt Parteichef Guido Westerwelle Muskeln. Aus Enttäuschung über die Kanzlerin Angela Merkel macht er im Abendblatt deutlich: Er kann sich auch eine Ampelkoalition vorstellen.

Berlin. Vor dem Bundesparteitag der FDP an diesem Wochenende in Hannover ist Parteichef Guido Westerwelle zu scharfen Angriffen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Union übergegangen. "Von der Union wissen wir nur, dass sie regieren will - nicht wozu und nicht mit wem", sagte Westerwelle dem Abendblatt. "Es ist doch ein offenes Geheimnis, dass viele in der Union auf die Fortsetzung der sogenannten Großen Koalition oder sogar auf Schwarz-Grün setzen."

Er habe am vergangenen Wochenende "ohne Not erklärt, dass wir eine bürgerliche Regierung der Mitte wollen", betonte Westerwelle. "Daraufhin sagt die Kanzlerin, sie wolle keinen Lagerwahlkampf führen und kämpfe für eine starke CDU." Der FDP-Vorsitzende zog daraus die Konsequenz: "Liberal sind wir schon, aber blöd sind wir nicht. Wir kämpfen für eine starke FDP und rennen keinem Rockschoß hinterher."

Westerwelle relativierte in dem Interview seine bisherige Absage an eine Ampelkoalition im Bund. Ein Bündnis mit SPD und Grünen sei "im Augenblick" inhaltlich ausgeschlossen. Die FDP erwarte aber auch "ein klares Signal der Union", so der Parteichef. Weil sich die CDU/CSU "bis heute ziert, sich klar zu Schwarz-Gelb zu bekennen", würden die Liberalen mit einer formellen Koalitionsaussage "bis kurz vor der Bundestagswahl" warten. Westerwelle kündigte an: "Am Ende werden wir in unserer Koalitionsaussage vermutlich exakt dieselbe Formulierung wählen, wie sie die Union in unsere Richtung verwendet."

Der Vorsitzende der Liberalen warf Union und SPD gleichermaßen vor, die Mittelschicht systematisch zu vernachlässigen. Er wiederholte seine Schmähung aus dem Jahr 2004, CDU und CSU seien in weiten Teilen schwarz lackierte Sozialdemokraten. Westerwelle fügte hinzu: "Außer in Hamburg: Da ist die CDU grün lackiert." Der Parteichef in Anspielung auf das schwarz-grüne Bündnis: "Ole von Beust singt vermutlich jeden Morgen vor dem Spiegel: Es grünt so grün, wenn Hamburgs Blüten blühen."