Wissenschaftler fordern in Euro-Krise mehr Hilfe von Deutschland

Berlin. Eine Gruppe von 17 renommierten Ökonomen, darunter zwei Mitglieder des Deutschen Sachverständigenrats (Wirtschaftsweise), hat vor einer dramatischen Verschärfung der Euro-Schuldenkrise gewarnt und ein schnelles Umsteuern verlangt. "Wir glauben, dass Europa ... schlafwandelnd auf eine Katastrophe mit unkalkulierbaren Ausmaßen zutaumelt", heißt es in der Studie der Wissenschaftler, zu denen auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger gehört. In den vergangenen Wochen habe sich die Lage in den Euro-Krisenländern dramatisch verschlechtert. "Der Eindruck einer nicht endenden Krise, in der ein Dominostein nach dem anderen fällt, muss korrigiert werden." Der bislang letzte Dominostein, Spanien, stehe kurz vor einer Liquiditätsspritze, heißt es in der Studie. Sie wurde von der Denkfabrik Institute for New Economic Thinking veröffentlicht. Diese hatte einen Rat zum Thema Euro-Staatsschuldenkrise gegründet.

Trotz aller Dramatik ist die Lage nach der Analyse der Ökonomen nicht ausweglos. "Es ist nach wie vor möglich, ökonomisch und politisch einen Weg heraus aus der Euro-Krise zu finden", heißt es. Die Politiker müssten vor allem die fehlerhafte Konstruktion der Euro-Zone korrigieren und sie mit neuen Elementen ergänzen. Dazu gehörten eine Lastenteilung unter den Euro-Ländern und eine Strategie, die aktuell am härtesten kämpfenden Krisenländer im Währungsraum zu stabilisieren.

Zu den Autoren der Analyse gehört neben Bofinger auch der Wirtschaftsweise Lars Feld sowie ihre frühere Kollegin in dem Sachverständigengremium, Beatrice Weder di Mauro. Als Lösungsansatz für die aktuellen Probleme sehen die Wirtschaftsexperten den Vorschlag eines Schuldentilgungsfonds, wie er vom Sachverständigenrat vorgeschlagen und jüngst noch einmal ergänzt worden war. Mit diesem Fonds soll das Problem gelöst werden, dass der Rettungsschirm ESM von den Ökonomen als zu klein betrachtet wird, um den größeren Euro-Ländern helfen zu können. "Es braucht von deutscher Seite größere Anstrengungen, um die hohen Refinanzierungskosten für Länder wie Spanien und Italien zu senken", sagte Feld der "Financial Times Deutschland". "Entscheidend ist, dass mehr getan wird, um die Probleme kurzfristig zu lösen", ergänzte Bofinger.

Die Bundesregierung wies die Warnung zurück. "Die Einschätzung, dass Europa an der Schwelle zu einer Katastrophe steht, wird von der Bundesregierung ausdrücklich nicht geteilt", sagte Vizeregierungssprecher Georg Streiter. "Das ist eine von vielen Expertenmeinungen, die wir zur Kenntnis nehmen."