Sie dachten, dass es endlich still wird. Stattdessen hören Anwohner noch immer Starts und Landungen am Flughafen Tegel. Kritik reisst nicht ab.

Berlin. Die verschobene Eröffnung des künftigen Hauptstadtflughafens bringt den alten Airport in Berlin-Tegel an die Schmerzgrenze. Der Unmut bei Fluglinien und Anwohnern wächst. Zudem muss die Flughafengesellschaft nach dem jüngsten Brandschutz-Test Kritik vom Bundesverkehrsministerium einstecken.

In Tegel gab es im Juni fünf Prozent mehr Starts und Landungen als im Vorjahresmonat. Das sagte am Mittwoch Flughafensprecher Leif Erichsen. Diese Tendenz werde sich vermutlich während des Sommerflugplans durchziehen. Anwohner klagen über Lärm in der Nacht.

Ursprünglich hätte der neue Flughafen in Schönefeld am 3. Juni 2012 eröffnet werden sollen. Wegen Problemen mit dem Brandschutz wurde der Termin aber auf den 17. März 2013 verschoben. Ob dieses Datum gehalten werden kann, soll sich auf der nächsten Aufsichtsratssitzung am 16. August entscheiden.

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Am Dienstag war erneut die Brandschutzanlage des künftigen Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg (BER) getestet worden – laut Flughafengesellschaft „nach erstem Augenschein“ erfolgreich. Von der Funktionsfähigkeit des Brandschutzes hängt maßgeblich ab, ob der BER wie geplant im März eröffnet werden kann. Die Messergebnisse und die Videoaufzeichnungen würden derzeit im Detail ausgewertet, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel am Mittwoch. Die Ergebnisse würden in etwa drei Wochen zur Aufsichtsratssitzung erwartet. Berichte, wonach es Probleme bei den Tests gegeben habe, dementierte der Sprecher.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kritisierte, dass Vertretern seines Hauses eine Beobachtung des Tests verweigert worden sei. „Wir wollten als Anteilseigner teilnehmen“, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte einen Bericht der „Bild“-Zeitung (Donnerstag). Ministeriumsvertreter seien zu dem Test am Dienstag nicht zugelassen gewesen, weil lediglich „Prozessbeteiligte“ hätten teilnehmen sollen.

Der Bund ist mit 26 Prozent an der Flughafengesellschaft beteiligt, zu jeweils 37 Prozent gehört sie ferner den Ländern Berlin und Brandenburg. Die Flughafengesellschaft teilte mit: „Das scheint ein Missverständnis zu sein. Wir haben die drei Gesellschafter gestern sehr detailliert, umfänglich und vollkommen gleichberechtigt über die Tests auf dem Laufenden gehalten.“ Kunkel ergänzte: „Den Vorwurf der Intransparenz weisen wir zurück.“

Die Zeitung zitiert Ramsauer mit den Worten: „Das Flughafen- Management muss den Prozess transparent gestalten, mit ehrlicher Analyse. Die Zeit der Heimlichtuerei und des Schönredens sollte der Vergangenheit angehören.“

Der Brandschutz wird auch Thema in Brandenburg: In einer Sitzung des Hauptausschusses im Landtag am 22. August sollen die Vertreter der Flughafengesellschaft detailliert über den Ausgang der Testserie an der Brandschutzanlage informieren. Darum bat sie am Mittwoch der Ausschussvorsitzende und SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher.

Anwohner des Flughafens Tegel und diejenigen Berliner, die wegen der verschobenen BER-Eröffnung noch immer Starts und Landungen hören, wollen die Situation nicht still ertragen – vor allem nicht Verspätungen ab 23.00 Uhr, wenn eigentlich Nachtruhe bis 6.00 Uhr herrschen sollte. „Es gibt relativ viele Beschwerden von Anwohnern“, sagte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Daniela Augenstein. Es seien nachts nicht deutlich mehr Maschinen unterwegs. Allerdings habe es wegen der Gewitter im Juli an einigen Tagen Verspätungen gegeben. Augenstein sprach von einem Sonderfall.

Sie bestätigte einen Bericht des „Tagesspiegel“ (Mittwoch), wonach die Luftaufsicht am Flughafen vom 1. August an die Flugaufsicht nicht mehr ab 0.00 Uhr, sondern schon ab 23.30 Uhr über verspätete Starts informieren muss. Für Landungen gelte weiter die Frist von 24.00 Uhr. Danach könnten Maschinen zum Flughafen Schönefeld umgeleitet werden.

In Tegel wird es für die Fluglinien derzeit bekanntlich recht eng. „Momentan kommen wir geradeso zurecht mit dem Flugplan“, sagte der Sprecher von Lufthansa, Wolfgang Weber. Die Gesellschaft musste ebenso wie Air Berlin die Planungen für den Hauptstadtflughafen nach dem geplatzten Eröffnungstermin auf Tegel verlagern. Seit dem 3. Juni habe es rund 50 Flüge gegeben, die erst nach 23.00 Uhr hätten landen können, sagte Weber. Nach Schönefeld, wo es kein Nachtflugverbot gibt, könne Lufthansa nicht ausweichen. „Wir können unseren Verkehr nicht splitten. Das wäre kein Service für die Kunden.“

Die Situation am Flughafen Berlin-Tegel sei „alles andere als optimal“, teilte die Pressestelle von Air Berlin mit. „Die gesamte Infrastruktur ist nicht auf diese Fluggastzahlen ausgelegt, was unsere Passagiere leider auch zu spüren bekommen.“ Die Fluglinie setze Zusatzpersonal ein. Auch Air Berlin könne nicht nach Schönefeld ausweichen, weil Tegel ein Drehkreuz sei. (dpa/abendblatt.de)