Wirtschaftsminister hält Athens Euro-Ausstieg für denkbar

Berlin. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hält einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone durchaus für denkbar. Ein solcher Schritt habe "längst seinen Schrecken verloren", sagte der Vizekanzler und FDP-Chef im ARD-Sommerinterview (Ausstrahlung 18.30 Uhr). Es sei ersichtlich, dass Athen mit den Reformvorgaben von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht wie geplant vorankomme. Deshalb sage er: "Wenn Griechenland seine Auflagen nicht erfüllt, dann kann es keine weiteren Zahlungen mehr geben." Im Übrigen wünschten sich auch viele Griechen mittlerweile die Drachme als nationale Währung zurück, behauptete Rösler.

Griechenland kann nach einem "Spiegel"-Bericht nicht mit weiteren Finanzhilfen des IWF rechnen. Unter Berufung auf hochrangige Vertreter der EU-Kommission hieß es, der IWF habe seinen Rückzug bereits signalisiert. Damit werde eine Pleite Griechenlands im September wahrscheinlicher. Denn viele Regierungen der Euro-Zone seien ebenfalls nicht mehr bereit, neue Geldspritzen für das Land zu schultern. Die neue griechische Regierung will die Euro-Länder und den IWF um mehr Zeit für die Umsetzung der vereinbarten Sparschritte und Reformen bitten.

Der "Spiegel" nennt Schätzungen, wonach dies zusätzliche Hilfen zwischen zehn und 50 Milliarden Euro erfordern würde. Die Bundesregierung stellt sich gegen einen Aufschub der griechischen Ziele. Sie betonte, dass neben den Reforminhalten auch der Zeitrahmen Teil der Verabredungen sei.

Dem Bericht zufolge wird das Risiko eines Austritts Griechenlands aus der Währungsunion in den Ländern der Euro-Zone mittlerweile für beherrschbar gehalten. Um die Ansteckungsgefahr für andere Länder zu begrenzen, wollten die Regierungen den Beginn des neuen Rettungsschirms ESM abwarten. Dieser sollte ursprünglich bereits am 1. Juli startklar sein, kann nun jedoch nicht vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über ESM und Fiskalpakt am 12. September in Kraft treten.

Wirtschaftsminister Rösler hat im ARD-Interview auch Vorwürfe zurückgewiesen, er blockiere die Energiewende. Es bleibe beim Ziel der Energiewende, sagte er. Allerdings dürfe sie keine Jobs gefährden, und Energie müsse bezahlbar bleiben - insbesondere auch für den Mittelstand. Die Zusammenarbeit mit dem neuen Umweltminister Peter Altmaier (CDU) gestalte sich wesentlich besser als mit dessen Vorgänger Norbert Röttgen (CDU), so Rösler. Die Skepsis Altmaiers, bis zum Jahr 2022 den Energieverbrauch durch mehr Effizienz um zehn Prozent zu reduzieren, teilte er nicht.

Rösler will außerdem im Mai kommenden Jahres wieder als Parteichef antreten. Er ließ aber offen, ob er seine Partei anschließend in den Bundestagswahlkampf führen werde. Rösler gilt in Umfragen als der unbeliebteste Minister der Bundesregierung. Er sagte, er habe die FDP neu aufgestellt und das Wirtschaftswachstum als Schwerpunkt-Thema herausgestellt. Die Partei habe sich nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in Umfragen stabilisiert.