Berlin/Heidelberg. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat die Pläne für eine schnelle gesetzliche Regelung der rituellen Beschneidung von Jungen kritisiert. "Die Sache ist komplizierter, als ein einfaches Sätzchen irgendwo einzufügen, wie sich das einige vorstellen", sagte sie dem "Spiegel". Sie hält es für möglich, dass der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird. In der Opposition und in Expertenkreisen wächst der Widerstand gegen den Beschließungsantrag des Bundestages, der sich für eine Regelung bis zum Herbst starkmacht. "Beschneidung ist eine Form der Verstümmelung. Auch bei Jungen", sagte die Kinderbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Marlene Rupprecht, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Das Landgericht Köln hatte Ende Juni Beschneidungen von Jungen aus religiösen Gründen für rechtswidrig und strafbar erklärt und damit eine Debatte ausgelöst. Der Zentralratspräsident der Juden, Dieter Graumann, sagte im "Focus", er wolle die schrillen Töne in der Debatte "überhaupt nicht auf das Thema Antisemitismus schieben - das hat damit nichts zu tun".

Juristen, Theologen und Historiker haben bei einer Tagung der Heidelberger Hochschule für Jüdische Studien die öffentliche Debatte scharf kritisiert. "Wir erleben derzeit eine teils antisemitisch geprägte Ausgrenzungsdebatte im Namen liberaler Werte", sagte der Uno-Sonderberichterstatter über Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Heiner Bielefeldt. Der Münsteraner Jurist Bijan Fateh-Moghadam sagte, die Entscheidung der Eltern über eine Beschneidung eines Sohnes sei "eindeutig" durch das geltende Sorgerecht gedeckt. "Dies allerdings sollte eine neue Gesetzesinitiative noch einmal klarstellen."