Bundestagsfraktionen wollen trotzdem religiös motivierte Rituale per Gesetz ermöglichen

Berlin. Die Grünen schließen sich dem Bundestagsantrag zur religiösen Beschneidung nicht an. Viele Abgeordnete wünschten sich zunächst eine intensive Debatte über das Thema, erklärte Fraktionsvorsitzende Renate Künast. Das "Hauruck-Verfahren" sei daher nicht angemessen. Die Fraktion habe die Abstimmung für ihre Abgeordneten freigegeben. Die Mehrheit der Grünen werde für den Antrag, "eine sehr große Zahl" aber dagegen stimmen, so Künast.

Die Resolution, in der die Bundesregierung dazu aufgefordert wird, im Herbst einen Gesetzentwurf zur Zulässigkeit religiöser Beschneidung von minderjährigen Jungen vorzulegen, wurde gestern Abend im Parlament verabschiedet. Eingebracht wurde der Antrag von Union, FDP und SPD.

Die Linkspartei war von Anfang an gegen das Vorhaben. Bei der Abstimmung über religiöse Beschneidungen wird sich die Linke voraussichtlich enthalten. Das sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Gleichzeitig kritisierte sie, dass die Linke von den anderen Parteien nicht in die Erarbeitung der fraktionsübergreifenden Resolution eingebunden wurde.

Hintergrund der Initiative, die auf Unionsfraktionschef Volker Kauder zurückgeht, ist ein Urteil des Landgerichts Köln. Es hatte entschieden, dass die Beschneidung von Minderjährigen aus religiösen Gründen als Körperverletzung zu werten sei. Juden und Muslime, bei denen Beschneidung zur religiösen Praxis gehört, protestierten gegen das Urteil. Auch evangelische und katholische Kirche lehnen es ab.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hält die Resolution des Bundestages zur Beschneidung für ein wichtiges Signal. Er sagte, er begrüße, dass das Parlament so "schnell und beherzt" handele. Der geplante Beschluss zeige, dass Deutschland ein weltoffenes und tolerantes Land sei. Es wäre nicht vermittelbar, wenn jüdische Mitbürger ihre Jungen hierzulande nicht beschneiden dürften, betonte er.

Allerdings ist fast die Hälfte der Deutschen für ein Verbot ritueller Beschneidungen von Jungen. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa sprachen sich 45 Prozent dafür aus, der jahrhundertealten islamischen und jüdischen Tradition einen Riegel vorzuschieben. 42 Prozent waren gegen ein Verbot, 13 Prozent hatten keine Meinung zu dem Thema. Angesichts der internationalen Empörung über das Kölner Urteil glauben 33 Prozent der Befragten, dass ein bundesweites Verbot Deutschlands Ansehen schaden würde. 55 Prozent glauben das nicht. 83 Prozent meinen, Religionen sollten nicht um jeden Preis an ihren Traditionen festhalten.