Schäuble hatte wegen Euro-Krise auf schnelles Urteil gedrängt

Karlsruhe/Brüssel. Das Bundesverfassungsgericht nimmt sich zwei Monate Zeit für seine Eilentscheidung zur Euro-Rettung. Das Urteil soll am 12. September verkündet werden. Entschieden wird dann über die Eilanträge gegen die Gesetze zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM) und zum europäischen Fiskalpakt mit seinen strikten Sparvorgaben.

Vorher kann der ESM in Deutschland nicht ratifiziert werden - damit kann der Schirm auch nicht in Kraft treten. Weil der Rettungsfonds aber dringend gebraucht wird, etwa für einen möglichen Hilfeantrag Italiens, hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor Verwerfungen an den Märkten gewarnt, falls es erhebliche Verzögerungen gibt.

Das Gericht hat sich nun gegen eine schnelle Eilentscheidung innerhalb weniger Wochen entschieden. "Die Richter brauchen mehr Zeit, um eine eingehendere summarische Rechtsprüfung durchführen zu können", sagte Gerichtssprecherin Judith Blohm. Eine Entscheidung innerhalb von zwei bis drei Wochen mit einer reinen Folgenabwägung würde "der herausragenden Bedeutung des Verfahrens" und der "Komplexität der Materie" nicht Rechnung tragen, sagte Blohm.

Das jetzige Prozedere hatte sich schon in der Verhandlung angedeutet. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle sagte, eine Alternative zu einer Eilentscheidung binnen drei Wochen wäre ein "Zwischenverfahren", das "zwei oder drei Monate" dauern könnte.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte in der mündlichen Verhandlung am 10. Juli auf einen raschen Richterspruch gedrängt. Nach Auffassung der Bundesregierung sei es eine "Frage von Wochen", sagte er. Die Nervosität der Finanzmärkte sei groß.

Das Gericht prüft, ob der Bundestag mit seiner Zustimmung zu den weitreichenden Verträgen seine eigene haushaltspolitische Kontrolle zu stark beschnitten und damit gegen das Grundgesetz verstoßen hat. Die Kläger halten wegen der Garantiesumme Deutschlands von 190 Milliarden Euro beim ESM die Haftungsrisiken für nicht verantwortbar. Die Zustimmungsgesetze waren am 29. Juni von Bundestag und Bundesrat beschlossenen worden. Nach dem Willen der Kläger soll das Verfassungsgericht dem Bundespräsidenten vorerst untersagen, die Gesetze zu unterzeichnen. Diese einstweilige Anordnung würde dann so lange gelten, bis das Gericht die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze in einem Hauptsacheverfahren geklärt hat.

Die SPD warnte gestern davor, bei der Euro-Rettung "Druck" auf das Bundesverfassungsgericht auszuüben. "Es ist richtig, dass das Gericht bei einer so elementaren Frage Sorgfalt vor Eile gehen lässt", sagte der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle betonte: "Wir respektieren die Souveränität des Bundesverfassungsgerichts. Es entscheidet in richterlicher Unabhängigkeit. Jetzt warten wir die Entscheidung der Verfassungsrichter ab."

In der Euro-Gruppe wurde der Urteilstermin mit vorsichtiger Erleichterung aufgenommen worden. Der 12. September sei "schon einmal eine gute Nachricht", hieß es in Euro-Gruppen-Kreisen. Es sei bisher damit gerechnet worden, dass sich Karlsruhe "drei bis vier Monate" Zeit für die Rechtsprüfung nehme.