Politik hofft auf baldiges Urteil zum Euro-Rettungsschirm des Bundesverfassungsgerichts

Rom/Berlin. Die Verzögerung des Euro-Rettungsschirms ESM wegen der deutschen Verfassungsklagen betrachtet die Industrieländerorganisation OECD mit Sorge. Der ESM müsse so schnell wie möglich an den Start gehen, mahnte OECD-Generalsekretär Angel Gurria gestern in Rom: "Wir sehen den Druck auf Italien und Spanien, der sehr gefährlich ist, wenn wir ihn nicht umgehend angehen." Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mahnte eine zügige Entscheidung der Karlsruher Richter an: "Wir sind in einer außergewöhnlich kritischen Lage." Ein Abfluss von Bankeinlagen in den betroffenen Ländern sei eine unbeherrschbare Gefahr, die man nicht riskieren solle. Einen Weg, die Richter zur Eile zu treiben, gibt es allerdings nicht.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte sich am Dienstag in einer auch an den Finanzmärkten genau verfolgten Verhandlung mit den zahlreichen Eilanträgen gegen den ESM und den EU-Fiskalpakt für Haushaltsdisziplin befasst. Das Gericht hatte angedeutet, dass ein Urteil zwei bis drei Monate auf sich warten lassen könnte. Der ESM sollte eigentlich am 1. Juli starten. Er soll Euro-Staaten mit bis zu 500 Milliarden Euro stützen können; für 190 Milliarden Euro haftet Deutschland. Aus Sicht der Kläger untergräbt er die Budgethoheit des Bundestags.

Schäuble sagte dem Deutschlandradio, er wolle keinen Druck auf die Richter ausüben, fügte aber hinzu, an den Märkten gebe es Misstrauen, ob die Euro-Zone Maßnahmen gegen die Krise verlässlich und in angemessener Zeit ergreifen könne. Eine weitere Störung wäre eine Gefahr für die Weltwirtschaft. Wie jedes Mitglied der Regierung oder des Bundestags hätten auch die Richter ihre Verantwortung. Er sei sicher, dass die Grenzen des Grundgesetzes nicht verletzt würden.

Der CSU-Abgeordnete im Europäischen Parlament, Markus Ferber, sagte: "Ein Nein zum ESM aus Karlsruhe bedeutet das Ende des Euro." Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte, er hoffe sehr auf eine baldige und positive Entscheidung des Gerichts. Bei der Verhandlung sei deutlich geworden, dass ein Scheitern der Rettungsmaßnahmen mit hohen Belastungen für den Bundeshaushalt und einer tiefen Rezession verbunden wäre.

Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), nahm die Richter vor politischem Druck in Schutz. Es stünden schwierige juristische Fragen an: "Da braucht ein Gericht auch Zeit."