Die Bundeskanzlerin Angela Merkel wird auf ihrer Reise in das Inselreich begleitet von dem Wunsch nach deutschen Panzern und der Euro-Krise.

Jakarta. Angela Merkel besucht das Verfassungsgericht. Diese Nachricht hätte am Tag der Verhandlung über den Euro-Rettungsschirm und den Fiskalpakt sicher Schlagzeilen gemacht. Allein: Die Bundeskanzlerin war nicht in Karlsruhe, sondern in Jakarta. Sie besuchte nicht das Bundesverfassungsgericht, sondern das Verfassungsgericht der Republik Indonesien. Die Richter hier kooperieren tatsächlich mit Karlsruhe, holen sich Rat und fragen Merkel, welche Rolle das Gericht gerade in Deutschland spiele. Mitten in der Krise auf Staatsbesuch 14 Stunden von Berlin und Brüssel entfernt - warum auch nicht? Es gibt auch noch eine Welt jenseits der Euro-Gruppe, und diese Tage eigneten sich für einen Besuch.

Wobei - der Krise entgeht Merkel auch über 11.000 Kilometer von zu Hause nicht. Auch die Indonesier treibt die Entwicklung der Währungsunion um. Wie sehr, erfuhr die Kanzlerin erst kürzlich auf dem G20-Gipfel in Mexiko. Da wurden die Führer der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer alphabetisch platziert und Merkel (G für "Germany") landete genau neben Susilo Yudhoyono ( I für "Indonesia"). Sein Land bezieht zwar von Deutschland immer noch Entwicklungshilfe, dennoch machte er als Vertreter der viertgrößten Bevölkerung der Erde (237 Millionen Einwohner) keinen demütigen Eindruck. Indonesien hat ein Wachstum von 6,3 Prozent im letzten Quartal, und der Präsident gab zu verstehen, dass ihm durch den Euro verursachte Scherereien auf den Weltmärkten gar nicht in den Kram passen.

Nun, einen Monat später, lernte die Kanzlerin sein Land kennen. Zuerst war dies ein Blick durch Autoscheiben. Dabei sah Merkel die neuen und teilweise noch in Bau befindlichen Hochhäuser der Hauptstadt, aber gleich dahinter recht einfache Verschläge, die als Wohnhäuser dienen. Indonesien mag boomen, ist aber mit 3200 Dollar Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner im Jahr immer noch arm - selbst im Vergleich zu seiner asiatischen Nachbarschaft. Die wird weltpolitisch immer interessanter. In Südostasien wird das Ringen um die Dominanz zwischen Chinesen und den Amerikanern immer heftiger. Indonesien betreibt eine Schaukelpolitik zwischen den Mächten. Die hat im Reich der 17.000 Inseln Tradition: "1000 Freunde - keine Feinde" lautete das hergebrachte Motto der Außenpolitik. Merkel findet das gut. Indonesien befindet sich nach ihrer Einschätzung auf einem guten, wenn auch sicher nicht kurzen Weg zu Demokratie und Rechtsstaat.

Solche Länder sollte man unterstützten - auch militärisch. Das sieht jedenfalls die neue Politik der "Off Smart Defense" vor, auf die sich die Nato-Partner erst vor einem Monat geeinigt haben: Das westliche Bündnis setzt jetzt darauf, verlässliche Partner in der Region stark zu machen. Merkel ist auch persönlich von dieser neuen Herangehensweise überzeugt. Öffentlich bekennt sie sich aber noch nicht dazu. Das führt auf ihren Reisen immer wieder zu Überraschungen: Im vergangenen Jahr erst kam just am Tag von Merkels Besuch in Angola heraus, dass eine Bremer Werft das Land gerne mit Schnellbooten ausrüsten wollte. In Indonesien war es ein Panzergeschäft, mit dem Merkel lieber nicht in Verbindung gebracht worden wäre. Aber die "Jakarta Post" meldete mit Verweis auf höchste Regierungskreise, Indonesien wolle bis zu 100 gebrauchte Leopard-Panzer für 280 Millionen Dollar von der Bundeswehr kaufen. Die Bundesregierung hat immerhin eine mündliche Voranfrage der Indonesier bestätigt. Dennoch wurde aus deutschen Delegationskreisen versichert, das Wort "Leopard" sei nicht einmal gefallen.

Freilich gab es ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Merkel und Yudhoyono, bei dem niemand dabei war. Anschließend erklärte der Präsident, Indonesien kaufe Waffen in befreundeten Ländern, wie England, den USA "und jetzt auch Deutschland". Dies alles werde transparent und offen gehandhabt, sagte er und fügte hinzu: "Wir werden Panzer und Hubschrauber nie gegen unsere Bevölkerung einsetzen. Das ist alles für unsere Verteidigung." Das nahmen viele Zuhörer als Bestätigung eines sich anbahnenden Kaufes. Merkel wich aber aus, indem sie auf eine Abmachung zwischen den Verteidigungsministern verwies. Sie beschreibt unterschiedliche Formen militärischer Zusammenarbeit, wie friedensbewahrende Einsätze und Ausbildung, von Panzer ist darin nicht die Rede, es sei denn, man ordnet sie unter "militärischer Logistik" ein.

Ein weiteres Spezifikum der deutschen Außenpolitik ist, dass auf Staatsbesuchen immer auch "die Zivilgesellschaft" getroffen wird. So besuchte Merkel zuerst die evangelische Immanuel-Kirche in Jakarta und anschließend die Istiqlal-Moschee. In der Kirche ließ sie sich von Gemeindevertretern die Lage im mehrheitlich muslimischen Land erläutern. Merkel hörte Klagen, dass die Rechte der Christen stärker mit Füßen getreten würden. Dies gehe vor allem von kleinen radikalen Gruppen aus. Die Kanzlerin sprach dies auch beim Präsidenten an. Der Politiker, der sogar Pressekonferenzen "im Namen Allahs des Barmherzigen" beginnt, hatte zur Abholung Merkel seine Ministerin für Tourismus an den Flughafen geschickt: Sie ist Christin.