In Hamburg gegründeter Verein feiert in Berlin 60. Geburtstag

Berlin. "Dies ist eine Sternstunde für die Atlantik-Brücke", sagte der Vorsitzende Friedrich Merz . Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) ist gestern Abend mit dem Eric-M.-Warburg-Preis des Vereins Atlantik-Brücke geehrt worden. Der 93-Jährige bekam die Auszeichnung bei einer Feier zum 60-jährigen Bestehen des transatlantischen Vereins in Berlin überreicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in ihrer Laudatio, Schmidt habe die deutsch-amerikanische Partnerschaft "immer wieder belebt und auch ganz persönlich gelebt". Merkel betonte die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Partnerschaft auch in Zeiten der Globalisierung. "Wir brauchen einander", sagte die Kanzlerin, die selbst Mitglied der Atlantik-Brücke ist.

Schmidt plädierte in seiner Dankesrede für eine weitere europäische Integration. Bislang habe Europa oft zu zaghaft reagiert. Man müsse um Europa kämpfen. "Man muss sein Herz über die Hürde werfen", sagte der Altkanzler. "Entweder setzen wir unsere Finanzkrise fort und kämpfen als einzelne Staaten um unser nationales Schicksal, um unsere nationalen Vorteile und Nachteile - aber mit schwindender Aussicht auf Erfolg. Oder wir finden zurück zum Konzept des fortschreitenden europäischen Verbundes." Ohne die Tatkraft der USA hätte es die heutige Europäische Union nicht gegeben, erklärte der Altkanzler, der zu den ersten Mitgliedern der Atlantik-Brücke gehörte. Und Helmut Schmidt lobte ausdrücklich Kanzlerin Angela Merkel. Sie beweise in den aktuellen Verhandlungen rund um die Euro-Krise ein "bemerkenswertes taktisches Geschick."

Vom Bundesverfassungsgericht forderte er Pro-EU-Urteile. Hintergrund seiner Mahnung sind die Eilklagen in Karlsruhe gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und Fiskalpakt für eine straffere Haushaltsdisziplin. Schmidt verwies auf den Artikel 23 des Grundgesetzes, der Deutschland den klaren Auftrag gebe, für die Integration der EU zu arbeiten. "Von einem Vorrang deutschen Interesses ist dort keine Rede", sagte der Altkanzler.

Der undotierte Preis erinnert an den Bankier Eric M. Warburg, der zu den Gründungsmitgliedern der Atlantik-Brücke gehörte. Frühere Preisträger waren unter anderem der ehemalige US-Präsident George Bush sen., Altkanzler Helmut Kohl und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Inzwischen gehören dem Verein zur Förderung der deutsch-amerikanischen Partnerschaft etwa 500 Mitglieder an - darunter zahlreiche Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Medien: etwa der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck, Martin Winterkorn, der Vorstandschef von VW oder der Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Kai Diekmann.

Trotzdem haben die meisten Bundesbürger von dem exklusiven Verein vermutlich noch nie etwas gehört. Die Atlantik-Brücke hält sich seit der Gründung einiges darauf zugute, dass sie im Hintergrund wirkt. Aufgenommen wird nur, wer eine Einladung bekommt. Die Finanzierung läuft über Beiträge (1000 Euro pro Jahr, Bundestagsabgeordnete: 300 Euro) und Spenden (nach oben offen). Gegründet wurde der Klub im Sommer 1952 von einigen Leuten in Hamburg, denen das deutsch-amerikanische Verhältnis am Herzen lag.

Der Bankier Eric M. Warburg zählte dazu, der CDU-Politiker Erik Blumenfeld, die "Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff. Einer der Grundsätze war, dass die Parteizugehörigkeit keine große Rolle spielen sollte. Aus vertraulichen Gesprächsrunden wurden schnell regelmäßige Konferenzen, Kolloquien und Seminare. In den USA nannte man so etwas damals schon "Think Tank", eine Denkfabrik. Später kamen Austausch- und Förderprogramme für junge Leute dazu, denen man einiges an Karriere zutraute.

Aus vielen der "Young Leaders" sind inzwischen Führungskräfte geworden: vom Airbus-Vorstandsvorsitzenden Thomas Enders über Grünen-Chef Cem Özdemir bis hin zu Verteidungsminister Thomas de Maizière.