Deutsche Reeder sind ökologisch die “Dinosaurier des Jahres“, findet der Nabu

Berlin. Die Passagiere werden sich die Aufkleber mit den schwarz qualmenden Schornsteinen kaum auf die Koffer pappen. Auch der Slogan "Mir stinkt's! Kreuzfahrtschiffe sauber machen!" wird ihnen vermutlich nicht gefallen, denn wer ein Kreuzfahrtschiff betritt, will die Probleme, die es an Land gibt, ja gerade für eine Weile hinter sich lassen.

Aber das wird künftig nicht mehr klappen. Denn der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hat die Chefs der beiden Kreuzfahrtunternehmen Aida und TUI Cruises mit dem Negativ-Umweltpreis "Dinosaurier des Jahres 2011" ausgezeichnet. Die Umweltschutzorganisation begründet ihre Wahl mit den Worten, Michael Thamm (Aida) und Richard J. Vogel (TUI) seien in Sachen Umweltschutz "auf dem falschen Dampfer". "Aus Profitgier verweigern die deutschen Reeder bislang die Verwendung von Schiffsdiesel und den Einbau von Abgastechnik", sagte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke gestern in Berlin. Die Schiffe beider Unternehmen führen immer noch mit giftigem Schweröl: "Restaurants, Wellness und Kasinos - aber für Rußpartikelfilter ist angeblich kein Geld da." Tschimpke fügte hinzu, es sei ihm völlig unverständlich, dass ausgerechnet die Kreuzfahrtveranstalter ihr größtes Kapital - eine intakte Natur - aufs Spiel setzten.

Der Naturschutzbund rechnet vor, dass ein Ozeanriese so viele Schadstoffe ausstößt wie fünf Millionen Pkw auf derselben Strecke. Allein die Flotte der Aida-Reederei mit ihren acht Schiffen verursache - gleiche Kilometerleistung vorausgesetzt - umgerechnet also so viel Schadstoffemissionen wie alle deutschen Pkw zusammen. Man habe die beiden Reedereien gewissermaßen pars pro toto ins Visier genommen. Weil sie einerseits auf Expansion ausgerichtet seien - bis 2016 sollen fünf Neubauten vom Stapel laufen, Tschimpke sprach in diesem Zusammenhang von "Billigfliegern auf See" - und andererseits die Spitze eines Eisbergs markierten. Denn zum einen handele es sich bei Aida und TUI Cruises um Tochterunternehmen der branchenbeherrschenden Kreuzfahrtunternehmen Carnival Corporation und Royal Caribbean, aber darüber hinaus gehe es um den Dreck von Tausenden von Frachtschiffen: "Die Politik versagt, indem sie Schiffen auf hoher See einen Schadstoffausstoß erlaubt, der x-tausendfach über den Grenzwerten liegt, die Pkw und Lastwagen an Land einhalten müssen." Tschimpke appellierte an Thamm und Vogel, ein positives Exempel zu statuieren. "Aida und TUI präsentieren sich gerne als vorbildlich umweltfreundlich, aber die meisten Fotos in Katalogen und im Internet sind nachbearbeitet. Der Kunde soll die Abgasfahne, die aus den gigantischen Schornsteinen aufsteigt, nicht sehen." Dabei hätten beide Kreuzfahrtriesen die wirtschaftliche Kraft und das Innovationspotenzial, der gesamten Schiffsbranche den ökologischen Weg zu weisen.

Der Nabu beziffert die Kosten für den Einbau von Rußpartikelfiltern bei einem Neubau auf eine halbe Million Euro, eine zweiwöchige Schiffspassage, so seine Rechnung, würde sich um sechzig Euro pro Passagier verteuern, weil der umweltfreundlichere Schiffsdiesel ein Drittel mehr koste als das Schweröl.

Der Dinosaurier wird seit 1993 vergeben und gilt in Wirtschaft und Politik als unangenehmste "Ehrung". Tatsächlich haben die beiden ausgezeichneten Unternehmen gestern umgehend reagiert. Ein Aida-Sprecher erklärte, Umweltschutz habe für das Unternehmen Priorität, und qualifizierte Kritik nehme man ernst. Auch TUI Cruises betonte, als junges und verantwortungsbewusstes Unternehmen setze man sich dafür ein, die Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten. Unter anderem werde an einer Rußfilter-Lösung für die Neubauten gearbeitet.