Bundeskabinett beschließt, dass Leiharbeiter nicht weniger als 7,01 Euro pro Stunde verdienen dürfen

Berlin. Neben einer Verlängerung der Mindestlohn-Regelungen für Gebäudereiniger und Dachdecker hat das Bundeskabinett gestern zum ersten Mal eine Lohnuntergrenze für die etwa 900 000 Leiharbeiter beschlossen. Beschäftigte dieser Branche dürfen demnach ab Januar 2012 in den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nicht weniger als 7,01 Euro pro Stunde verdienen. In den übrigen Bundesländern sind es 7,89 Euro.

Die Lohnuntergrenzen wurden zuvor von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgehandelt und sind nun allgemeinverbindlich. Der Beschluss umfasst auch nicht-tarifgebundene Betriebe. Er gilt außerdem für ausländische Firmen, die in Deutschland Leiharbeiter beschäftigen. Damit soll auch eine Billiglohn-Konkurrenz von Zeitarbeitsfirmen aus osteuropäischen Ländern abgewehrt werden, die seit Mai freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt haben.

Während die Interessengemeinschaft der Deutschen Zeitarbeitsunternehmen (IGZ) den Kabinettsbeschluss als "ganz wichtiges Signal auf dem Weg zu fairen Löhnen und Wettbewerb in der Zeitarbeitsbranche" wertete, zeigte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verhalten optimistisch. DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki bezeichnete den Regierungsbeschluss zwar als einen "überfälligen ersten Schritt zum Schutz vor Lohndumping".

Gleichzeitig betonte er aber, dass der DGB weiterhin eine gleiche Bezahlung für alle in der Branche Beschäftigte fordere. Die IGZ begründet die Lohnunterschiede zwischen Ost und West mit dem "immer noch vorhandenen Produktivitätsgefälle".

Immerhin: Zum 1. November 2012 sollen die Lohnuntergrenzen in den alten Bundesländern auf 8,19 Euro, in den neuen Bundesländern auf 7,50 Euro steigen. Damit verringert sich das Lohngefälle zwischen Ost- und West zwar etwas. Das Gewerkschaftsziel vom "gleichen Lohn für gleiche Arbeit" ist aber noch nicht erreicht, zumal nach wie vor Unterschiede in der Bezahlung zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeitern bestehen.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, der Mindestlohn schütze vor Billigkonkurrenz aus dem Ausland. Zugleich forderte sie die Tarifpartner auf, sich rasch auf einen Termin zu verständigen, ab dem Zeitarbeiter genauso viel verdienen wie Festangestellte. Sie mahnte: "Sollte die Einigung der Branche im ersten Quartal 2012 nicht gelingen, wird die Politik ihre Zusage aus dem Hartz-Kompromiss einlösen und den richtigen Zeitpunkt für Equal Pay durch eine Expertenkommission ermitteln lassen."