Berlin. Die Telefone der Linken standen gestern nicht still. Zu groß war das Aufsehen um eine Anfrage ihrer Fraktion zum Renteneintrittsalter im Bundestag. Denn stimmt es, was die Partei aus der 383 Seiten langen Antwort der Regierung ersieht, dann ist die Lebenserwartung von männlichen Geringverdienern innerhalb einer Dekade in den alten Bundesländern um zwei Jahre, in den neuen Bundesländern sogar um 3,8 Jahre gesunken: Wurden Männer mit geringem Einkommen im Westen 2001 durchschnittlich noch 77,5 Jahre alt, liegt ihre Lebenserwartung laut Berechnungen der Linken heute nur noch bei 75,5 Jahren. Im Osten sank sie offenbar von 77,9 auf nur 74,1 Jahre.

Grundlage dieser Analyse ist laut Linkenfraktion die Bezugsdauer der gesetzlichen Rente von Langzeiteinzahlern, die pro Jahr maximal einen dreiviertel Renten-Punkt erwirtschaftet haben. Ein Rentenpunkt wird gewährt, wenn jemand genauso viel zahlt wie der Durchschnitt aller Beitrittszahler. Jemand der deutlich darunterliegt, hat also auch weniger als das Durchschnittseinkommen zur Verfügung. Da die Dauer des Rentenbezugs bei Geringverdienern bis zum Tod 2001 noch deutlich höher lag als 2011, lässt sich daraus auf die Lebenserwartung schließen. "Sollte sich dieser Trend bis 2030 fortsetzen und gleichzeitig das Renteneintrittsalter bis 2030 um zwei Jahre angehoben werden, würde die Rentenbezugsdauer dieser Menschen um fünf Jahre sinken", kritisiert Matthias W. Birkwald, Rentenpolitischer Sprecher der Linken.

Das Bundesarbeitsministerium teilte mit, dass die Zahlen "weder repräsentativ noch aussagekräftig seien, um belastbare Aussagen über die Lebenserwartung von Niedrigverdienern zu treffen". Die Daten deckten sich zudem nicht mit denen des Statistischen Bundesamtes. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestätigte zwar die Zahlen über das zurückgegangene Sterbealter von Geringverdienern, stellte aber zugleich klar, dass diese auf einer so geringen Fallzahl beruhten, dass sie "nicht als Trendaussage interpretiert werden" könnten.