Präsident Weidemann: Euro-Krise nicht mit der Notenpresse bekämpfen. Großbritanniens Premier Cameron weiter im In- und Ausland in der Kritik

Berlin/Frankfurt. Die Bundesbank ist bereit, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) im Rahmen der Euro-Stabilisierung zusätzliche Kredite von bis zu 45 Milliarden Euro einzuräumen, will dafür aber eine Zustimmung des Bundestags. Die Summe wäre "noch einmal das Dreifache der bisherigen bilateralen Bundesbank-Kreditlinie an den IWF", sagte Vorstandsmitglied Andreas Dombret. Laut den Beschlüssen des jüngsten EU-Gipfels wollen die europäischen Regierungen insgesamt bis zu 200 Milliarden Euro für den IWF bereitstellen, knapp ein Viertel davon entfällt auf Deutschland.

Die Bundesbank wünscht sich zuvor die Zustimmung des Parlaments: "Wichtig ist uns, dass der Bundestag in diesem speziellen Fall ausnahmsweise die zusätzliche Kreditlinie an den IWF mitträgt und der Bundesbank bestätigt, dass wir nicht mit früheren Bundestagsbeschlüssen zur Risikobegrenzung in Konflikt treten", sagte Dombret.

Der Hintergrund: Deutschland haftet für höchstens 211 Milliarden Euro - diese Summe hatte das Parlament im Zusammenhang mit der Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF abgesegnet. Die Frage ist nun, ob diese Obergrenze mit der neuen Kreditlinie an den IWF gesprengt werden könnte.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann stemmte sich am Wochenende erneut gegen alle Forderungen, kurzfristig die Notenpresse zur Lösung der Staatsschuldenkrise einzusetzen. "Die Lösung der Krise ist Aufgabe der Regierungen - über Reformen im eigenen Land und notfalls über Hilfsleistungen an andere Länder", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Mandat für eine solche "Umverteilung zwischen den Steuerzahlern der Mitgliedstaaten" liege eindeutig nicht bei der Geldpolitik.

Auch der Gipfelstreit zwischen Großbritanniens Premierminister David Cameron und den anderen EU-Staaten wirkt noch nach. Deutsche Politiker warnen parteiübergreifend vor einer völligen Isolation Londons. Bundespräsident Christian Wulff sagte: "Wir sollten wissen, was Europa bedeutet, und nie darüber spekulieren, Europa zu verkleinern." Die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich, Italien und auch England seien "tragende Säulen in der EU", sagte Wulff während eines Besuches in der omanischen Hauptstadt Maskat. DGB-Chef Michael Sommer warf Cameron im Deutschlandfunk vor, sich "als der Schutzpatron der Spekulanten" aufzuführen und alle möglichen notwendigen Maßnahmen im Bereich der Finanzmarktregulierung seit Jahren zu verhindern. Gegen Spekulationen über ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU wandte sich Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). "Großbritannien braucht Europa, genau wie Europa Großbritannien braucht. Die Tür für London bleibt offen", sagte Rösler der "Bild am Sonntag". SPD-Europapolitiker Martin Schulz erklärte, Cameron isoliere sein Land "in dramatischer Weise. Das finde ich traurig", fügte er hinzu. Ein Austritt Großbritanniens aus der EU sei aber nicht wünschenswert.

Cameron, der in Brüssel auf weitreichenden Forderungen beharrt und damit eine EU-Vertragsreform blockiert hatte, steht auch in seiner Regierung unter Druck. Vize-Premierminister und Liberaldemokraten-Chef Nick Clegg kritisierte ihn. "Ich bin über die Ergebnisse des Gipfels von letzter Woche bitter enttäuscht", sagte er der BBC. "Ich fürchte, es besteht nun die Gefahr, dass Großbritannien innerhalb der Europäischen Union isoliert und an den Rand gedrängt wird." Die europafreundlichen Liberaldemokraten bilden zusammen mit Camerons Konservativen die Regierung.