Er soll Wohnung für das Zwickauer Mord-Trio angemietet haben. Kontakte der Rechtsextremisten offenbar bis in NPD-Spitze

Berlin. Im Zusammenhang mit den Morden der Zwickauer Neonazi-Zelle ist ein weiterer mutmaßlicher Helfer festgenommen worden. Der 36-jährige Matthias D. wurde gestern Morgen an seinem Wohnort im sächsischen Erzgebirgskreis dingfest gemacht, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Er stehe im Verdacht, der Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zwei Wohnungen in Zwickau als dauerhafte Unterkunft überlassen zu haben. Die Gruppe NSU soll für Morde an acht Türken, einem Griechen und einer Polizistin verantwortlich sein.

Zudem hätten Beamte des Bundeskriminalamts im Erzgebirgskreis drei Wohnungen durchsucht, darunter die von D. "und die einer weiteren möglichen Unterstützerin". D. habe "die terroristischen Verbrechen der Vereinigung (...) zumindest billigend in Kauf genommen". Er habe der Gruppe zwei 2001 und 2008 angemietete Wohnungen überlassen. Er habe die Zwickauer Zelle dadurch unterstützt, "ein Leben unter falscher Identität zu führen und unentdeckt Terroranschläge verüben zu können".

Das Zwickauer Neonazi-Trio war erst im Herbst aufgeflogen, als zwei mutmaßliche Mitglieder - Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos - nach einem Banküberfall in Eisenach tot in einem Wohnmobil gefunden wurden. Später wurde in ihrer Wohnung in Zwickau eine Tatwaffe entdeckt. Die mutmaßliche Dritte im Bunde, Beate Zschäpe, sitzt in Untersuchungshaft.

Seither wurden weitere Verdächtige festgenommen, etwa der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, der den Neonazis eine Waffe und Munition beschafft haben soll. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, der in Untersuchungshaft sitzende Holger G., der nach eigenem Geständnis als Kurier von Wohlleben eine Waffe in das Versteck der Gruppe gebracht habe, solle demnächst alle 19 sichergestellten Schießgeräte vorgelegt bekommen. Dann werde sich zeigen, ob er die von ihm überbrachte Waffe identifizieren könne. Bisher sei unklar, auf welchem Weg die bei den Morden verwendete Waffe des Modells Ceska in die Hände der Neonazis gelangt sei. Seit Jahren habe bereits festgestanden, dass die Waffe aus der Schweiz stamme. Der letzte bekannte Besitzer sei in den 90er-Jahren verstorben. Die Ehefrau des Schweizers stamme aus Thüringen.

Als Konsequenz aus der Mordserie streben die Innenminister von Bund und Ländern ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD an. Dafür ist von Belang, ob sich direkte Kontakte der Partei zu der Zwickauer Gruppe nachweisen lassen. Der "Focus" berichtet, Zschäpe habe 1999 den NPD-Justitiar Hans Günter Eisenecker als Anwalt genommen. Der 2003 Verstorbene sei viele Jahre NPD-Chef in Mecklenburg-Vorpommern und stellvertretender Vorsitzender der Bundes-NPD gewesen.

Nach einem Bericht des "Spiegels" sind in der NPD derzeit mehr als 130 Vertrauensleute (V-Leute) als Informanten für die Verfassungsschutzämter aktiv. Im Fall eines neuen Verbotsverfahrens gegen die NPD müsse sich der Verfassungsschutz vermutlich von mehr als 100 dieser V-Leute trennen. Ein erstes Verbotsverfahren gegen die NPD war 2003 aus Verfahrensgründen daran gescheitert, dass V-Leute auch auf der Führungsebene der NPD aktiv waren. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht die Voraussetzungen für den Erfolg eines neuen NPD-Verbotsantrags nach wie vor nicht gegeben.