Laut einem Medienbericht regt sich in der FDP Protest gegen die Parteiführung. Sie soll den Mitgliederentscheid bewusst behindert haben.

Berlin. In der FDP regt sich laut einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ (Montagausgabe) Protest gegen das Verfahren des Mitgliederentscheids über den europäischen Rettungsschirm ESM. Mehr als 3.000 Stimmen sollen ungültig abgegeben worden sein, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Parteikreise. Der Parteiführung werde vorgeworfen, die Abstimmung über den vom Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler eingebrachten Antrag durch die Art und Weise der Versendung der Abstimmungsunterlagen bewusst behindert zu haben. So sollen die Wahlunterlagen gemeinsam mit dem Mitgliedermagazin verschickt worden sein. Für die Parteimitglieder sei auf den ersten Blick gar nicht erkennbar gewesen, dass sich die Unterlagen in dem Magazin befanden. Zudem habe die Parteiführung von jedem Mitglied eine schriftliche Bestätigung der Parteizugehörigkeit gefordert.

Laut Parteichef Philipp Rösler ist der Mitgliederentscheid zum Euro-Rettungsschirm aller Voraussicht schon jetzt nach gescheitert. Das Quorum – die nötige Zahl von 21 500 gültigen Stimmen – könne absehbar bis einschließlich Dienstag nicht mehr erreicht werden, sagte der Parteichef der „Bild am Sonntag“. Euro-Rebell Frank Schäffler sei damit gescheitert. Unterdessen schwelt der Unmut über Rösler und die engere Führungsmannschaft der Liberalen weiter.

Das Magazin „Der Spiegel“ berichtet, Rösler beobachte Fraktionschef Rainer Brüderle mit Argwohn, weil dieser in der Partei inzwischen als der eigentliche starke Mann gelte. Brüderle dürfe nun auf Veranlassung von Rösler nicht – wie für den Fraktionschef üblich - beim Dreikönigstreffen der FDP am 6. Januar in Stuttgart reden. Das Treffen gilt als wichtiges Stimmungsbarometer der Freien Demokraten.

Eine FDP-Sprecherin hielt dieser Darstellung entgegen, dass die Rednerauswahl für das Dreikönigstreffen einvernehmlich getroffen worden sei. Brüderle wird den Absprachen zufolge am 5. Januar auf dem Landesparteitag der Liberalen in Stuttgart sprechen, der traditionell dem Dreikönigstreffen vorgeschaltet ist.

Nach Darstellung des Magazins „Focus“ kritisieren Vorstandskreise inzwischen auch die Führungsarbeit Lindners. Der Parteimanager habe während des Mitgliederentscheides auf nur sechs Veranstaltungen für den Antrag des Bundesvorstandes geworben, hieß es im Vorstand. Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms etwa habe sich auf zwölf Mitgliederabenden den Kritikern gestellt. Gerade Solms hatte in den vergangenen Wochen Kritik an der Parteispitze geübt. Weiter wird laut „Focus“ bemängelt, dass „die Parteizentrale nicht kampagnenfähig“ sei, „die Abteilung Attacke“ falle fast völlig aus.

Auch Schäffler, FDP-Bundestagsabgeordnete und Initiator der Befragung, kritisierte die Organisation des Mitgliederentscheids. Er sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Wenn das Quorum nicht erreicht wird, muss man prüfen, woran es lag. Es gab schwere organisatorische Mängel.“ Schäffler fügte hinzu: „Die Parteiführung wird das Votum nicht ignorieren können – mit oder ohne Quorum.“

Ein Großteil derjenigen, die sich an der Abstimmung beteiligten, habe den „Versicherungsnachweis“ über die Mitgliedschaft nicht mit eingereicht. Denn der Abstimmungsbogen sei auf der letzen Seite des Magazins zu finden gewesen, während der Zettel zum Nachweis der Mitgliedschaft in einer Ecke vorne im Magazin platziert worden sei.

Lindner seinerseits erhob im Abendblatt schwere Vorwürfe gegen Schäffler. Dieser wolle die FDP europapolitisch isolieren. „Er ist so etwas wie der David Cameron der FDP.“ Schäffler habe auch manchen Euro-Skeptiker angezogen, der nicht zur FDP passe. Die Mitglieder hätten mit ihrer geringen Beteiligung nach dem Motto „Handeln durch Nichthandeln“ abgestimmt.

Dem Vernehmen nach lagen bis einschließlich Freitag 16 800 gültige Stimmen vor. Da pro Tag nur einige hundert Stimmzettel eingingen, „sehe ich nicht, wie bis Dienstag diese Marke doch noch erreicht werden soll“, argumentierte Rösler. An diesem Dienstag (Poststempel) ist Einsendeschluss für die Mitgliederbefragung. Am Freitag (16. Dezember) will die FDP das Ergebnis bekanntgeben.

Mit Material von dapd/dpa